Nein, Erdbeeren sind nicht Corona positiv!

Es handelt sich um einen gefälschten Test
Es handelt sich um einen gefälschten Test

Hunderte User haben im April ein Foto mit einer Erdbeere und einem Antigentest auf Facebook geteilt. Dazu heißt es: „Also, die Erdbeere war schon mal positiv.“ Das Testergebnis ist allerdings nicht aussagekräftig, weil der Antigentest zweckentfremdet wurde. Expertinnen und Experten erklärten gegenüber AFP, dass die Säure in Lebensmitteln wie Früchten die sensiblen Tests beeinträchtigt und so für falsch-positive Ergebnisse sorgen kann. Im Fall der Erdbeere scheint der Teststreifen außerdem manipuliert worden zu sein.

Rund 900 Menschen haben das Erdbeer-Foto seit dem 9. April auf Facebook geteilt (hier). Dazu heißt es: „also die Erdbeere war schon mal positiv… und muss ich jetzt das kontaminierte Kilo dem Bundesrat einsenden?“ User kommentierten etwa mit den Worten: „Ans Bundesamt für Gesundheit, Karl Lauterbach und Drosten melden, damit die Corona Experten die Inzidenz mit nem Test der überhaupt nichts aussagt hoch gehalten und wir alle unten gehalten werden können!“

Facebook-Screenshot: 14. April 2021

Behauptungen über Corona-Tests und Lebensmittel tauchen immer wieder auf. So dienten bereits positiv ausschlagende Tests mit Bier, Fruchtsaft, Energydrinks sowie Cola und Apfelmus als Beweis für die Unfähigkeit der Tests, das Corona-Virus belastbar nachzuweisen. Auch das Foto der Erdbeere gehört in diese Reihe.

Was passiert, wenn man Lebensmittel auf Sars-Cov-2 testet?

AFP hat bereits mit mehreren Expertinnen und Experten über positiv ausschlagende Tests in Bezug auf Lebensmittel gesprochen. Sie erklärten, warum Lebensmittel nicht Corona positiv sind, sondern diese lediglich die Antigentests unbrauchbar machen.

Claudia Denkinger ist Expertin für Infektionskrankheiten und leitet die Sektion für Klinische Tropenmedizin am Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg. Sie sagte am 19. März gegenüber AFP zu einem Test mit Bier: „Das positive Ergebnis ist erwartbar. Flüssigkeiten mit Säure, wie auch Cola und Wein, zersetzen die Eiweiße auf dem Teststreifen und können zu einem falsch-positiven Resultat führen.“ Aussagekräftig sei so ein Test nicht, das Ergebnis komme nur durch eine Fehlanwendung zustande: „Durch das Zersetzen entstehen viele Bindungsstellen für die Farbpartikel im Test, und die Streifen werden sichtbar.“

Das sagte auch Thomas Simat. Er hält die Professur für Lebensmittelkunde und Bedarfsgegenstände an der Fakultät für Chemie und Lebensmittelchemie in Dresden. Mit Blick auf den Biertest sagte er AFP am 19. März: „Der Test wurde hier für etwas missbraucht, für das er nicht gemacht ist.“

Auch die Professorin für Biochemie an der Universität Leipzig, Anette Beck-Sickinger, hielt am 19. März fest: „Alles, was Proteine denaturiert, verfälscht den Test, denn der Test beruht darauf, dass Antikörper das Virusprotein erkennen.“ Ob beim Bier der Alkohol oder andere Inhaltsstoffe für die Verfälschung entscheidend seien, sei ohne Experiment kaum zu sagen, aber: „Der Test mit allen Lebensmitteln ist mehr als unsinnig“, erklärte Beck-Sickinger.

Bereits im Dezember 2020 hatte Thomas Decker, Professor für Immunbiologie an der Universität Wien, über ein ähnliches Video mit Apfelmus geschrieben: „Es ist kein Kunststück, die Bedingungen eines solchen Tests so sehr zu verfälschen, dass er falsche Ergebnisse liefert. Der Test ist für Bedingungen entwickelt worden, welche geeignet sind, die Bindung eines Antikörpers an Antigene zu erlauben, und nicht für Reaktionen in irgendwelchen klebrigen Lebensmitteln.“

Auch Beck-Sickinger stimmte dem schon damals zu: „Ein Test kann nur funktionieren, wenn man die Bedingungen einhält.“ Für diese richtigen Bedingungen sorgt eine Pufferlösung. „Sie ist natürlich nicht in der Lage, große Menge an Säure zu neutralisieren“, schrieb Beck-Sickinger. Ändert man die Funktionsbedingungen des Tests, wie etwa seinen pH-Wert, bestimmte Ionen oder die Temperatur, könne das dazu führen, „dass die Antikörper unspezifisch ausfallen (und dann positiv anzeigen), denaturiert werden oder unspezifisch an die Bindeantikörper haften“, erklärte Beck-Sickinger. Ein falsch genutzter Test zeigt also unter Umständen ein falsches Ergebnis.

Mit Blick auf ein weiteres ähnliches Video, in dem Red Bull auf Corona getestet wird, schrieb Oliver Stojković vom Institut für forensische Medizin an der Universität Belgrad im Februar an AFP: „Das Video zeigt nicht, dass die Antigentests unzuverlässig sind.“

Verfälschte Ergebnisse in der Praxis?

In der Praxis sind mögliche Lebensmittel-Rückstände im Rachen bei der Probenentnahme für einen Antigentest dabei kein Problem. Der Test könne mit geringen Mengen an Lebensmittelresten umgehen, so Beck-Sickinger in einem älteren Faktencheck: „Unsere Nahrung gelangt an den Bereich, an dem der Abstrich gemacht wurde, höchstens in Spuren, Speichel neutralisiert sie zudem.“

Das sieht Klaus Vander ähnlich. Er ist ärztlicher Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie in Graz. „Bei einem Nasenabstrich ist das kein Problem. Bei einem Abstrich über den Rachen könnte das nur sehr, sehr theoretisch passieren, aber es ist bei richtiger Anwendung vernachlässigbar“, sagte er am 14. Dezember gegenüber AFP.

Auch Claudia Denkinger vom Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg schätzte diese Möglichkeit gegenüber AFP als unrealistisch ein, „da zum einen der Abstrich in der Nase gemacht wird und Mengen (wenn man vorher schluckt) auch im Mund gering sind.“

Zeigt das Foto überhaupt einen echten Test an einer Erdbeere?

Sogar bei dieser Frage  sind beim aktuellen Posting Zweifel angebracht. Der Antigentest auf dem Foto scheint zwei Streifen anzuzeigen. Den Kontrollstreifen (C) und den Virusnachweis (T). Bei genauerer Betrachtung der Aufnahme sieht es allerdings so aus, als seien diese Streifen mit einem schwarzen Stift aufgemalt. Darauf weisen auch User in der Kommentarspalte des Bildes hin. 

Screenshot-Vergrößerung: 14. April 2021

Eine andere Nutzerin wies den Verfasser mit einem Foto von einem gleich aussehenden Test darauf hin, dass die Teststreifen bei ihr farbig seien. Seine Reaktion: „ach Jenni, so hübsch und so aufgeregt …. wir sind ja in Fakebook nimm das Leben leichter, es ist zu kurz, um sich zu nerven …. es genügt doch, wenn die Regierung uns mit Lügen vollquatscht …. tschüssi“

Fazit: Das Testergebnis auf dem Foto ist verfälscht. Die Teststreifen scheinen aufgemalt zu sein, aber selbst wenn sie echt wären: Antigentests sind für die Anwendung am Menschen und nicht für die Testung von Lebensmitteln gedacht. Expertinnen und Experten erklärten, dass die Tests durch Lebensmittel unbrauchbar würden.

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