Ein Jahr nach dem Start der Impfkampagne haben rund 74 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens eine Immunisierung gegen das Coronavirus erhalten. Am Samstag wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Sonntag bundesweit noch einmal rund 35.000 Dosen verabreicht. Das ursprüngliche Ziel, mindestens 80 Prozent der Bürger bis Jahresende mindestens einmal zu impfen, wird damit jedoch verfehlt werden.
Zuletzt wollte die Bundesregierung das Kernziel, 80 Prozent der Bevölkerung mindestens gegen das Coronavirus zu impfen, bis zur nächsten Bund-Länder-Krisenrunde am 7. Januar erreichen. Dafür wären allerdings mehr als fünf Millionen weiterer Erstimpfungen nötig, was als praktisch unerreichbar gilt. Gegenüber der „Bild am Sonntag“ kündigte ein Regierungssprecher daher nun an, die 80-Prozent-Marke solle möglichst bis Ende Januar erreicht werden.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums machten Boosterimpfungen den Großteil der am Samstag verabreichten Impfungen aus. Etwa 30.000 der 35.000 am Samstag verabreichten Dosen entfielen auf Auffrischungsimpfungen. Insgesamt waren demnach 61,4 Millionen Menschen oder knapp 74 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft, bei rund 59 Millionen oder knapp 71 Prozent war die doppelte Grundimmunisierung inzwischen abgeschlossen. Rund 30 Millionen Menschen oder etwa 36 Prozent waren zudem geboostert.
Das ebenfalls von der Regierung ausgegebene Impfzwischenziel von 30 Millionen verabreichten Impfdosen bis zum Jahresende wurde einem Bericht der „Bild“-Zeitung vom Sonntag zufolge erreicht. Demnach wurde die Marke über die Feiertage geknackt.
Die deutsche Impfkampagne war an Weihnachten 2020 gestartet worden. Die offiziell erste Dosis erhielt eine 101-jährige Bewohnerin eines Altenheims in Sachsen-Anhalt am 26. Dezember. Inzwischen wurden laut Regierung fast 159,9 Millionen Dosen ausgeliefert.
Hausärztevertreter erwarteten nach dem Jahreswechsel derweil einen Andrang von Impfwilligen. Es werde im Januar wegen der Nachfrage nach Boosterimpfungen einen „Ansturm“ auf die Praxen geben, sagte der Chef des Hausärzteverbands Nordrhein, Oliver Funken, der „Rheinischen Post“ laut Vorabmeldung vom Sonntag.
Funken äußerte die Hoffnung, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) bald Boosterimpfungen auch für Jugendliche empfehlen werde. Die Stiko hatte erst vor wenigen Tagen ihre Empfehlung für Auffrischungsimpfungen für Erwachsene dahingehend geändert, dass diese nun bereits nach drei Monaten nach Abschluss der Grundimmunisierung erfolgen sollten. Zuvor waren es sechs Monate.
Die allgemeine Impfpflicht soll im Bundestag unterdessen bereits in der ersten Sitzungswoche im neuen Jahr auf die Tagesordnung. Das sagte der Vizechef der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, der „Bild am Sonntag“. Anfang Januar sei eine erste Debatte im Parlament geplant. Für eine rechtssichere Regelung stellten sich einige „nicht einfache Fragen im Detail“, sagte Wiese. Dies gelte vor allem für die Frage, wann Auffrischungsimpfungen folgen müssten.
Die Union drängt die Regierung zudem angesichts der Verbreitung der ansteckenderen Omikron-Variante bereits zur Verkürzung des Boosterintervalls bei der bereits beschlossenen Impfpflicht für Gesundheitsberufe. Es müsse „zeitnah“ eine Verkürzung beraten werden, sagte der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), ebenfalls der „Bild am Sonntag“.
„Denkbar wäre, sich an den empfohlenen drei Monaten der Stiko zu orientieren“, sagte der Oppositionspolitiker. Nach derzeitiger Rechtslage müssen sich Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen neun Monate nach ihrer Zweitimpfung boostern lassen, um die ab Mitte März geltende gesetzliche Corona-Impfpflicht zu erfüllen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante und eines starken Anstiegs der Infektionszahlen eine neue Quarantänestrategie. „Wir können nicht das ganze Land in Quarantäne schicken“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen kritisierte den Vorstoß scharf. Quarantänepflichten etwa für Beschäftigte im Gesundheitswesen und in den Gesundheitsämtern dürften nicht verkürzt werden, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland laut Vorabmeldung vom Sonntag. Notwendig seien vielmehr gute Notfallpläne in allen kritischen Infrastrukturen.