Über die Eigenschaften der leicht übertragbaren Omikron-Variante des Coronavirus, die derzeit weltweit für einen explosionsartigen Anstieg der Infektionszahlen sorgt, herrscht teils noch Unklarheit. Das betrifft auch die Frage, ob die weit verbreiteten Schnelltests zuverlässig anschlagen. Das für Arzneimittelzulassungen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gibt sich allerdings grundsätzlich recht entspannt. Der Grund dafür ist die Funktionsweise der Tests. Fragen und Antworten:
WIE FUNKTIONIEREN DIE TESTS?
Die Antigenschnelltests erkennen bestimmte Proteinstrukturen des Coronavirus. Nach Angaben des PEI reagieren die allermeisten der in der EU zugelassenen und in Deutschland vertriebenen Tests auf das sogenannte Nucleo- oder N-Protein. Die Mutationen bei Omikron betreffen allerdings in erster Linie das Spike- oder S-Protein.
Bei der Omikron-Virusvariante gibt es dem Institut zufolge nur vier Mutationen am N-Protein, von denen zwei außerdem schon bei früheren Virusmutationen auftraten. An der Zuverlässigkeit von Schnelltests änderte dies grundsätzlich nichts. Wie das PEI unter Verweis auf eine eigene Untersuchung von fast 250 in Deutschland angebotenen Antigentests kürzlich betonte, dürften die „allermeisten“ der generell positiv bewerteten Modelle daher auch Omikron nachweisen.
GIBT ES TROTZDEM UNSICHERHEITEN?
Ja, die gibt es. Auch das PEI bekräftigt, dass es für endgültige quantitative und qualitative Aussagen noch zu früh sei. Weitere Untersuchungen seien nötig, insbesondere Vergleichsstudien mit Omikron-Infizierten. Jüngst mahnte auch der Virologe Dietmar Dittmer von der Universität Essen im Deutschlandfunk zur Vorsicht mit Blick auf die Tests. Abschließende Urteile seien erst nach systematischen Tests möglich, sagte der Experte. So lange blieben Unsicherheiten.
WELCHE FAKTOREN KÖNNTEN NOCH EINE ROLLE SPIELEN?
Entscheidend für das Funktionieren von Schnelltests ist nicht nur das Protein, auf das sie „geeicht“ sind. Extrem wichtig ist auch die Empfindlichkeit – also die Mindestmenge von Virenmaterial im Abstrich, auf die der Test anspricht. Hier gilt quasi bauartbedingt eine größere Unsicherheit bei Antigentests, die für den schnellen Nachweis hoher Virenlasten konzipiert sind. Dass sie bei geringeren Konzentrationen nicht mit PCR-Tests mithalten können, ist bekannt.
Erste Daten zu Omikron deuten zugleich an, dass die Viruslast in den Atemwegen von Infizierten geringer sein könnte als bei anderen Coronavarianten wie etwa Delta. Zudem scheint der Zeitraum kürzer, in denen Omikron-Erkrankte infektiös sind, generell auch kürzer. In der Folge könnte das Zeitfenster, in denen Schnelltests sicher auf Omikron-Ansteckungen hinweisen, kleiner sein als bei früheren Varianten. Daher könnten mehr Infektionen „durchrutschen“.
Darüber hinaus gibt es den Verdacht, dass Antigenschnelltests bei Genesenen, die sich etwa erneut mit Omikron infizieren, eventuell schlechter anschlagen könnten. Laut Dittmer bildeten Infizierte im Lauf der früheren Erkrankung auch Antikörper gegen das N-Protein des Coronavirus. Diese könnten den auf das N-Protein abzielenden Schnelltest beeinflussen. Insgesamt gebe es also noch Wissenslücken, die geschlossen werden müsste, betonte der Experte.