Großer Sieg für António Costa – Der mit dem „chronischen und leicht nervtötenden“ Optimismus

António Costa - Bild: PES Communications/CC BY-NC-SA 2.0
António Costa - Bild: PES Communications/CC BY-NC-SA 2.0

In der Stunde seines größten Triumphes gab sich António Costa zurückhaltend: „Dies ist der Sieg der Bescheidenheit, des Vertrauens und für die Stabilität“, sagte der portugiesische Regierungschef in der Nacht zum Montag in seiner Siegesrede nach dem überraschend deutlichen Wahlerfolg seiner Sozialistischen Partei (PS). „Ich muss zugeben, dass der heutige Abend für mich etwas ganz Besonderes ist.“

Costa, der seit 2015 an der Spitze der portugiesischen Regierung steht, ist künftig nicht mehr auf fragile Koalitionen angewiesen. Denn obwohl die Umfragen zuletzt auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den oppositionellen Sozialdemokraten hingedeutet hatten, sicherten sich Costas Sozialisten bei der vorgezogenen Parlamentswahl die absolute Mehrheit.

Die Neuwahl war nötig geworden, nachdem Costas bisherige Verbündete – die radikalen Linken – der Minderheitsregierung im November die Unterstützung bei einem Haushaltsentwurf versagt hatten. Das Bündnis mit den Linken hatte den ehemaligen Bürgermeister von Lissabon 2015 an die Regierungsspitze gebracht, obwohl seine PS bei der Wahl hinter dem Bündnis des vorherigen Amtsinhabers Pedro Passos Coelho gelandet war.

Schon damals hatten Beobachter dem Juristen mit den weißen Haaren und der schmalen Brille wenig Chancen eingeräumt, die Amtszeit komplett durchzuhalten. Doch Costa belehrte seine Zweifler eines Besseren: Er nutzte die wirtschaftliche Erholung, um die harten Sparmaßnahmen nach dem internationalen Rettungspaket wegen der Staatsschuldenkrise von 2011 abzuschwächen. Gleichzeitig konsolidierte er den Haushalt weiter und schaffte es schließlich, erstmals seit 1974 wieder einen Haushaltsüberschuss zu erzielen.

Bei der Parlamentswahl 2019 wurden Costas Sozialisten stärkste Kraft – für eine absolute Mehrheit reichten die Stimmen jedoch nicht, so dass Costa erneut auf die Unterstützung anderer linker Parteien angewiesen war. Das Bündnis ging schließlich im Streit um die Verteilung der EU-Milliarden aus dem Corona-Unterstützungspaket zu Bruch.

Mit seinem jetzigen Wahltriumph hat der 60-Jährige den bisherigen Höhepunkt seiner langen politischen Karriere erreicht. Costa wurde am 17. Juli 1961 in Lissabon geboren. Seine Mutter war Journalistin, der Vater ein aus der ehemaligen portugiesischen Kolonie Goa in Indien stammender kommunistischer Schriftsteller.

Mit 14 Jahren trat Costa in die Sozialistische Jugend ein, im Alter von 34 Jahren wurde er vom damaligen Regierungschef und heutigen UN-Generalsekretär António Guterres erst zum Staatssekretär, später wurde der  Justizminister unter Guterres.

Nach einer kurzen Zeit im EU-Parlament kehrte Costa 2005 als Innenminister in die portugiesische Regierung zurück, bevor er zwei Jahre später ins Rathaus von Lissabon einzog. So konnte sich Costa von einem Korruptionsskandal um den ehemaligen Ministerpräsidenten José Socrates distanzieren, der ihm den Weg an die Parteispitze ebnete.

„António Costa ist ein sehr erfahrener und ehrgeiziger Politiker“, sagt der Politikwissenschaftler José Santana Pereira von der Universität Lissabon. Dies könne je nach Kontext als „Qualität oder als Makel“ aufgefasst werden. Costa bezeichnet sich selbst als „Mann des Dialogs und des Kompromisses“. Seine Gegner werfen ihm vor, stur zu sein und Entscheidungen gerne allein zu treffen.

Nach dem Wahlsieg am Sonntag betonte Costa jedoch: „Eine absolute Mehrheit ist keine absolute Macht.“ Er wolle eine „dialogbereite Mehrheit“ mit allen im Parlament vertretenen Gruppierungen anführen – mit Ausnahme der rechtsradikalen Partei Chega. Diese konnte bei der Wahl ihr Ergebnis allerdings deutlich steigern. Es wird sich also zeigen müssen, wie viel einfacher das Regieren für Costa tatsächlich wird.

Helfen könnte dem Vater zweier Kinder, der mit einer Lehrerin verheiratet ist, seine Geduld, die er beim Puzzlen übt. Auch sein steter Optimismus, den sein Ex-Professor und der heutige Präsident Portugals, Marcelo Rebelo de Sousa, einmal als „chronisch und leicht nervtötend“ beschrieben hatte, könnte ihm den  Regierungsjob erleichtern.

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