Justiz: Syrischer Arzt bestreitet Vorwürfe der Verbrechen gegen Menschlichkeit

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Im Prozess gegen einen syrischen Arzt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat der Angeklagte einige der Vorwürfe bestritten. Er habe nie Patienten geschlagen oder ihre Körperteile angezündet, sagte Alaa M. am Dienstag. Auch den Vorwurf der Anklage, er habe sich ein Mal beim Schlagen eines Gefangenen an der Hand verletzt und danach auf weichere Körperteile geschlagen, wies er zurück.

M. sagte, er habe „nie eine Verletzung an der Hand“ gehabt. „Ich habe nichts getan.“ Er habe auch nicht mitbekommen, dass andere die Taten begangen hätten. Ebenso falsch seien die Vorwürfe, er habe den Penis eines Jugendlichen angezündet oder ohne ausreichende Narkotisierung Menschen operiert.

Dennoch habe er bei einigen Gelegenheiten gesehen, wie Gefangene von Angehörigen des Militärgeheimdiensts ins Gesicht geschlagen oder in den Bauch getreten worden seien. Dass sie in die Genitalien getreten worden seien, habe er nicht gesehen.

Der 36-Jährige sagte, er habe auch nichts über das Schicksal von Gefangenen in Militärkrankenhäusern gewusst. Er habe gehört, dass Patienten im Militärkrankenhaus gestorben seien. Wie viele dies gewesen seien, könne er nicht beurteilen. Die Gesamtzahl der Gefangenen habe er nicht gekannt.

M. sagte weiter, er habe „nie einen Totenschein ausgefüllt – das ist die Aufgabe von Rechtsmedizinern“. Was nach der ärztlichen Entlassung mit den Patienten geschehen sei, wisse er nicht. Nicht einmal die Namen der Gefangenen habe er gekannt – sie hätten eine Nummer bekommen. Unterhaltungen über das Medizinische hinaus seien durch den Militärgeheimdienst verboten gewesen.

Der Angeklagte gab an, in verschiedenen Militärkrankenhäusern in Syrien gearbeitet zu haben. Dass er Patienten habe behandeln müssen, die Augenbinden hätten tragen müssen, finde er „unmenschlich“. Nach eigenen Angaben hatte er Angst vor dem Militärgeheimdienst. Gewalt lehne er ab.

Mit der Regierung von Machthaber Baschar al-Assad habe er sich „arrangiert“. Auch viele andere Menschen in Syrien hätten das getan, „um im Leben weiter zu kommen“. Trotzdem sei er nie in der Politik oder als Aktivist tätig gewesen.

Die Bundesanwaltschaft wirft M. Folter und die vorsätzliche Tötung eines Gefangenen vor. Der 36-Jährige soll in den Jahren 2011 und 2012 in einem Armeekrankenhaus und einem Gefängnis des Militärgeheimdiensts im syrischen Homs Gefangene „gefoltert und ihnen schwere körperliche sowie seelische Schäden zugefügt“ haben. Konkret wirft ihm die Anklage unter anderem Mord, Folter in 18 Fällen, schwere und gefährliche Körperverletzung, schwere Freiheitsberaubung sowie Freiheitsberaubung mit Todesfolge vor.

In einem Fall soll er einen Gefangenen mittels einer Injektion „vorsätzlich getötet haben, um damit seine Macht zu demonstrieren und zugleich das Aufbegehren eines Teils der syrischen Bevölkerung zu unterdrücken“. Zudem soll er im Sommer 2011 die Genitalien eines 14 oder 15 Jahre alten Jungen mit Alkohol übergossen und angezündet haben.

In zehn Fällen hatte der Senat die Anklageschrift aus Rechtsgründen zunächst abgelehnt, weil die Tatvorwürfe nicht hinreichend umgrenzt und nicht konkret genug gefasst seien. Der Bundesgerichtshof ließ jedoch einen Tag vor Prozessbeginn alle Anklagepunkte zu. Der Prozess begann am vergangenen Mittwoch. Bis Ende März sind noch 13 weitere Verhandlungstage angesetzt.

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