Das Weltraumteleskop James Webb hat auf seinem Weg in die Tiefen des Alls eine weitere wichtige Hürde genommen. Vier Tage nach dem riesigen Sonnenschild gelang es der US-Raumfahrtbehörde Nasa am Samstag, den letzten Flügel des Hauptspiegels auszuklappen und damit den komplizierten Entfaltungsprozess erfolgreich abzuschließen. Der Leiter der wissenschaftlichen Missionen der Nasa, Thomas Zurbuchen, sprach von einem „fantastischen Meilenstein“. Der Nachfolger des legendären Hubble-Teleskops ist damit weitgehend bereit für seine ungewöhnliche Forschungsmission.
Das James-Webb-Teleskop soll die Frühzeit des Universums vor 13 Milliarden Jahren und damit nur wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall erforschen. Astronomen versprechen sich Rückschlüsse auf die Bildung der ersten Sterne und Galaxien.
Das bislang leistungsstärkste Teleskop übertrifft seinen Vorgänger Hubble an Größe und Komplexität bei Weitem. Es blickt weiter in den Weltraum als Hubble und damit auch weiter zurück in die Vergangenheit. Dabei konzentriert sich Webb auf die Infrarot-Strahlung.
Das Teleskop könne noch aus der Distanz des Mondes die „Wärmespur einer Hummel“ erkennen, beschrieb Projekt-Mitbegründer John Mather einmal die beispiellose Empfindlichkeit der Sonde. Diese ist nötig, um das schwache Glühen zu erkennen, das vor Milliarden von Jahren von den allerersten Galaxien und den ersten Sternen ausgestrahlt wurde.
Eine Ariane-5-Rakete hatte das Webb-Teleskop am ersten Weihnachtstag vom Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guyana aus ins All gebracht. Weil es zu groß für die Rakete war, hatte es vor dem Start zusammengefaltet werden müssen. Das Entfalten im Weltraum war dann ein komplexer und riskanter Vorgang, der den Nasa-Verantwortlichen im Vorfeld viele Sorgen bereitet hatte.
Zurbuchen zeigte sich am Samstag entsprechend „überwältigt“ und „erleichtert“. „Wir haben ein voll funktionierendes Teleskop in der Umlaufbahn“, sagte er, nachdem die letzte Spiegelplatte wenige Stunden später auch noch erfolgreich verankert war.
Webb soll in rund zwei Wochen seine endgültige Umlaufbahn in mehr als anderthalb Millionen Kilometer Entfernung von der Erde, den sogenannten zweiten Lagrange-Punkt (L2), erreichen. Voraussichtlich im Juni wird es dann offiziell in Betrieb genommen. Bis dahin muss es sich laut Nasa noch „auf eine stabile Betriebstemperatur einstellen, die Spiegel ausrichten und die wissenschaftlichen Instrumente kalibrieren.“
Die Entfaltung der Sonde „war wahrscheinlich der risikoreichste Teil der Mission“, sagte Nasa-Projektleiter Bill Ochs. „Das bedeutet aber nicht, dass alle Risiken ausgeräumt sind.“
Das nach einem ehemaligen Direktor der US-Raumfahrtbehörde benannte Teleskop wurde gemeinsam von der Nasa, der europäischen Weltraumorganisation ESA und der kanadischen Weltraumagentur CSA entwickelt. Auch das Max-Planck-Institut für Astronomie, die Universität Köln sowie mehrere deutsche Unternehmen beteiligten sich.