Schlaue Waffen sollen Leben retten

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Mehr als 40.000 Menschen starben vergangenes Jahr in den USA durch Schusswaffen. Intelligente Waffen, die nur in der Hand ihres Besitzers funktionieren, hätten einige dieser Tode verhindern können, behaupten die Entwickler der sogenannten Smart Guns. Die Waffen sollen noch in diesem Jahr auf den US-Markt kommen. Doch der Nutzen der neuen Technologie ist in den Vereinigten Staaten umstritten.

Die Firma SmartGunz verwendet RFID-Chips, wie sie beispielsweise in Schließanlagen zum Einsatz kommen, um ihre Waffen zu personalisieren. Der kleine Sender ist in einen Fingerring eingebaut. Greift die Hand mit dem Ring zur Pistole, wird ein Sicherheitsmechanismus entriegelt, und der Schütze kann feuern.

Eltern könnten damit verhindern, dass Kinder mit ihrer Waffe Unheil anrichten, sagt Firmenchef Tom Holland. Einen weiteren Einsatzbereich sieht er bei der Polizei: Entwendet ein Krimineller einem Beamten die Pistole, kann er damit nicht schießen. In einigen Polizeibehörden wird die personalisierte Pistole bereits getestet. Spätestens ab Mai könnten auch Zivilisten sie kaufen, sagt Holland.

Die Gefahr durch Schusswaffen ist in den vergangenen Jahren in den USA stark gestiegen. In der Pandemie und im Zuge der Massenproteste gegen rassistische Polizeigewalt stieg der Waffenverkauf. 2020 erreichte die Zahl der verkauften Waffen mit 23 Millionen Stück einen Rekord, wie das Beratungsunternehmen Small Arms Analytics & Forecasting berichtet.

Etwa 40 Prozent der erwachsenen US-Bürger leben in einem Haushalt, in dem es mindestens eine Waffe gibt. Unter den 44.000 Menschen, die laut Zählung der unabhängigen Forschungsgruppe Gun Violence Archive 2021 durch Waffen ihr Leben verloren, waren auch 1517 Kinder und Jugendliche. Mehr als die Hälfte der Opfer tötete sich selbst.

Eine Benutzerauthentifizierung bei Waffen könne auch als psychologische Barriere dienen, sagt Ginger Chandler vom Hersteller LodeStar Works. Die 9-mm-Pistole, die ihr Unternehmen entwickelt, kann auf drei Arten entsperrt werden: per Fingerabdruck, per Smartphone-App oder durch die Eingabe eines Codes. Dieser zusätzlich Schritt könne, gerade in einer Stresssituation, zum Innehalten führen: „Vielleicht überlegt man dann: ‚Hey, will ich das jetzt wirklich tun?’“, sagt Chandler. Ihre Pistole soll 2023 auf den Markt kommen.

Über intelligente Waffen wird in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten diskutiert. Der Waffenhersteller Smith & Wesson einigte sich im Jahr 2000 mit der damaligen Regierung von Präsident Bill Clinton auf Reformen zur Verringerung der Waffengewalt, zu denen auch die Entwicklung intelligenter Waffen zählen sollte. Doch die Vereinbarung scheiterte an der mächtigen Waffenlobby.

Ein gesetzliches Verbot des Bundesstaates New Jersey für Waffen ohne Benutzerauthentifizierung sorgte zwei Jahre später für Empörung. Es wurde nie wirklich umgesetzt, da die Technologie noch nicht bereit war. 2019 wurde das Verbot in eine Verpflichtung für staatliche Waffenläden umgewandelt, diese Waffen der nächsten Generation zu verkaufen, sobald sie verfügbar sind.

Der Fall der intelligenten Pistole der deutschen Firma Armatix nährte zudem Zweifel am Nutzen der Technologie: Ein Hacker demonstrierte 2017, dass sich der Sicherheitsmechanismus ganz einfach mit einem Magneten austricksen lässt.

Auch funktionierende personalisierte Waffen können noch immer töten, betont Daniel Webster, der an der Johns Hopkins Universität zu Waffen forscht. „Die ganze Diskussion um Smart Guns ignoriert die häufigste Art und Weise, wie Waffen in den USA zum Töten verwendet werden: Suizid durch denjenigen, der die Waffe gekauft hat“, sagt der Wissenschaftler.

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