Stürmische Zeiten für die deutsche Schiffbauindustrie

Schiffswerft
Schiffswerft

Von Passagier- und Kreuzfahrtschiffen über Megayachten bis hin zu U-Booten oder Fregatten: Wer ein Schiff bauen will, braucht eine Werft. Die deutsche Schiffbauindustrie ist spezialisiert auf hochqualitative Einzelanfertigungen und das High-Tech-Segment. Doch internationaler Konkurrenzdruck und die Corona-Pandemie machen den Schiffbauern schwer zu schaffen. Die MV Werften mussten Insolvenz beantragen.

Insgesamt bedienen laut Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) 130 Werften in Deutschland einen breit gefächerten Markt: Neben dem Neubau verschiedenster Schiffe sind die Werften auch mit Reparaturen und Umbauten beschäftigt. Von den 130 Werften zählen rund 40 zu den mittleren und großen Seeschiffswerften, die Hälfte davon hat sich auf den Neubau spezialisiert. Bei vielen Werften handelt es sich auch um mittelständische, familiengeführte Unternehmen.

Im Zuge der Finanzkrise 2008 gaben viele deutsche Werften den serienmäßigen Bau von Standardschiffen auf und begannen, sich auf eine Nischenposition in High-Tech-Segmenten zu konzentrieren. Trotz einer massiv abnehmenden Zahl der jährlich ausgelieferten Schiffe von rund 200 in den 80er Jahren auf unter 20 im Jahr 2020 konnten die deutschen Werften so in den vergangenen Jahren Gesamtumsätze von um die fünf Milliarden Euro jährlich erwirtschaften.

Die Zahl der Arbeiter im Schiffbau allerdings ging zuletzt zurück: Die Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (AgS) befragte im Auftrag der IG Metall Küste im Oktober 43 der größten Schiffbauunternehmen. Demnach beschäftigten sie im September 2021 insgesamt 16.653 Menschen. Innerhalb eines Jahres gingen demnach auf den Werften rund 1500 Arbeitsplätze verloren.

Die Aussichten der Branche seien „weiterhin durchwachsen“, insgesamt rechnet jeder dritte Betrieb mit einem Abbau von Arbeitsplätzen. Für dieses Jahr prognostiziert die Gewerkschaft einen Verlust von 6,2 Prozent der Stellen in der Branche.

Besonders drastisch trifft es demnach die Schiffbauer in Mecklenburg-Vorpommern. Denn die Corona-Pandemie führte zu einem Einbruch beim Bau von Kreuzfahrtschiffen – und macht daher insbesondere den MV Werften in Rostock, Stralsund und Wismar sowie der Rostocker Neptun Werft zu schaffen. 2021 ging die Zahl der Werftbeschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern im Vorjahresvergleich um über 23 Prozent zurück – deutschlandweit waren es im Schnitt minus acht Prozent.

Druck macht außerdem die internationale Konkurrenz: Während das Volumen der Auftragseingänge der deutschen Schiffbauindustrie laut VSM zwischen 2019 und 2021 um 85 Prozent zurückging, konnten China und Südkorea deutliche Zuwächse verzeichnen. In China stiegen die Auftragseingänge im gleichen Zeitraum von 23 auf über 50 Milliarden Dollar, ein Plus von 119 Prozent. In Südkorea fiel die Entwicklung mit einem Plus von 114 Prozent ähnlich positiv aus.

Lichtblicke für die deutsche Schiffbauindustrie könnten laut IG Metall Küste klimafreundliche Antriebsarten sowie die Entwicklung und der Bau neuer Schiffstypen für die Offshore-Windindustrie sein. Neue Schiffsarten werden außerdem für den Transport von Wasserstoff und anderen grünen Treibstoffen benötigt. Auch der VSM setzt seine Hoffnung zumindest teilweise in die Innovationsfreude der deutschen Schiffbauer: Die Umstellung vom Serienschiffbau hin zum „hochkomplexen und innovativen Spezialschiffbau“ sei eine „Glanzleistung der deutschen Industrie“, erklärt der Verband.

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