Bei der Corona-Impfpflicht in Gesundheit und Pflege sind noch viele Fragen offen

Krankenpflegerin - Bild: CapturedMoments9193 via Twenty20
Krankenpflegerin - Bild: CapturedMoments9193 via Twenty20

Die Impfpflicht für alle Mitarbeitenden in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen sorgt für Wirbel: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will das Ende vergangenen Jahres mit Unterstützung der Union beschlossene Gesetz zumindest vorerst nicht anwenden, weil er personelle Engpässe in den Heimen befürchtet.

Ab wann gilt die Regelung und für wen?

Bis zum 15. März müssen die Mitarbeiter in Krankenhäusern, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,  Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Rettungsdiensten und Pflegedienste einen Impf- oder Genesenennachweis haben. Ausgenommen sind Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können – sie müssen dafür ein ärztliches Zeugnis vorlegen.

Was passiert mit den Impfverweigerern?

Wenn jemand seiner Impfpflicht nicht nachkommt, entscheidet nicht der Arbeitgeber, ob die Betroffenen weiter an ihren Arbeitsplatz dürfen. Vielmehr müssen die Arbeitgeber das zuständige Gesundheitsamt informieren. Dieses muss dann in jedem Einzelfall eine Entscheidung treffen. „Dabei spielt natürlich auch der Aspekt eine Rolle, ob in einer Übergangszeit Personalengpässe in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen vermieden werden können“, heißt es im Bundesgesundheitsministerium.

Drohen wirklich personelle Engpässe?

Ausfälle sind offenbar nicht auszuschließen. Nach Angaben des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) gehen die Gesundheitsämter momentan davon aus, dass im Schnitt fünf bis zehn Prozent der Beschäftigten keinen eindeutiger Impf- oder Genesenennachweis vorlegen werden – und es eine Meldung an das Gesundheitsamt geben wird.

Befürchtet wird zudem, dass viele der ohnehin von schlechten Arbeitsbediengenen geplagten Pflegekräfte von sich aus den Heimen den Rücken kehren werden: Die Bundesagentur für Arbeit spricht von etwa 25.000 Beschäftigten aus dem Gesundheits- und Sozialbereich, die sich über das sonst übliche Maß hinaus arbeitssuchend gemeldet hätten, davon ungefähr 12.000 aus der Pflege. Es soll allerdings auch entsprechende Aufrufe gegeben haben, sich arbeitssuchend zu melden.

Wie soll die Regelung umgesetzt werden?

Das Gesundheitsamt soll die gemeldeten Impfverweigerer anschreiben und sie etwa nach Allergien gegen Impfstoffe fragen, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag erläuterte. Erst danach könne ein Betretungs- oder Arbeitsverbot ausgesprochen werden. Eine Frist für diesen Vorgang gibt es nicht, er kann sich also durchaus auch länger hinziehen – insbesondere weil die Gesundheitsämter ohnehin schon stark belastet sind in der Pandemie.

Welche Kritik gibt es an der Regelung?

Nach Ansicht von Experten sind noch viele Fragen ungeklärt. So bemängelt die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, dass unklar sei, was passiere, wenn eine Pflegeeinrichtung wegen fehlenden Personals ihren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen könne. Offen sei auch die Frage der Haftung, „wenn ungeimpftes Personal noch weiter beschäftigt wird, bis zum Beispiel das Gesundheitsamt endgültig entscheidet“.

Wie soll es nun weitergehen?

Lauterbach pocht zwar auf die Einhaltung des Gesetzes, will aber mit den Ländern über Erleichterungen bei der Umsetzung beraten. Auf Unterstützung kann er aus den SPD-geführten Ländern hoffen: Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat am Dienstag angekündigt, sie wolle die Neuregelung umsetzen. Doch wie es der Bundesgesundheitsminister schaffen will, seinen Gegenspieler Söder ins Boot zu holen, bleibt abzuwarten.

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