Biden: Putin hat Entscheidung für Angriff auf die Ukraine getroffen

Joe Biden - Bild: Weißes Haus/Adam Schultz
Joe Biden - Bild: Weißes Haus/Adam Schultz

Die Spannungen um die Ukraine spitzen sich dramatisch zu: US-Präsident Joe Biden rechnet nach eigenen Angaben mit einem Angriff Russlands auf das Nachbarland in den „kommenden Tagen“. „Ich bin überzeugt, dass er die Entscheidung getroffen hat“, sagte Biden am Freitag im Weißen Haus über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Wir haben Grund, davon auszugehen.“

Die USA gingen auch davon aus, dass die russischen Streitkräfte unter anderem die ukrainische Hauptstadt Kiew zum Ziel nehmen würden, sagte Biden in einer Fernsehansprache. Russland habe aber immer noch die Wahl zwischen einem „katastrophalen und sinnlosen Krieg“ und der „Diplomatie“. Bis zum Beginn eines Einmarsches sei „Diplomatie immer eine Möglichkeit“.

Biden kündigte für kommenden Donnerstag ein Treffen von US-Außenminister Antony Blinken mit dem russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow in Europa an. „Aber wenn Russland vor diesem Tag militärisch aktiv wird, dann wird klar sein, dass es die Tür zur Diplomatie zugeschlagen hat. Es wird sich dann für einen Krieg entschieden haben, und es wird einen hohen Preis dafür zahlen müssen.“

Es ist die bislang eindeutigste Aussage des US-Präsidenten zu mutmaßlichen Angriffsplänen Putins. Ein massiver russischer Truppenaufmarsch mit nach westlichen Angaben inzwischen rund 150.000 Soldaten schürt seit Wochen Befürchtungen vor einem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Moskau bestreitet jegliche Angriffspläne und führt seinerseits an, sich von der Nato bedroht zu fühlen.

Für Samstag kündigte Russland ein Großmanöver unter Putins Aufsicht an. Bei der Militärübung würden strategische Truppen sowie ballistische Raketen einbezogen, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Beteiligt sein sollen die Luftwaffe, Armeeeinheiten aus dem südlichen Militärbezirk sowie die Schwarzmeer- und die Nordmeer-Flotte.

Mit drastischen Worten warnte am Freitag auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem drohenden russischen Einmarsch in die Ukraine. „Es kann keinen Zweifel geben, dass wir nun die größte Konzentration militärischer Streitkräfte in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges erleben“, sagte Stoltenberg im ZDF-„heute journal“. „Und nur Russland hat auch die Kapazität, und die hat es ganz sicher, einzumarschieren. Ohne Vorwarnzeit.“

Befürchtungen vor einer Eskalation des Konflikts wurden auch durch eine Zunahme von Gewalt in der Ostukraine bestärkt, wo die ukrainischen Streitkräfte und pro-russische Rebellen sich schon seit Jahren bekämpfen. Wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, dauerten Bombardements nahe des Dorfes Stanyzia-Luhanska auch am Freitag an. Am Donnerstag war ein Kindergarten in dem von der ukrainischen Armee kontrollierten Ort getroffen worden. Die ukrainische Armee und die pro-russischen Separatisten machten sich für den Vorfall gegenseitig verantwortlich.

Die pro-russischen Rebellen riefen Zivilisten in den von ihnen kontrollierten Gebieten auf, sich in Russland „in Sicherheit“ zu bringen, „um zivile Opfer zu vermeiden“. Russische Medien berichteten am Freitag außerdem, in der selbsternannten „Volksrepublik“ Luhansk sei eine Erdöl-Pipeline explodiert.

Die USA warnen schon seit Wochen, dass Russland einen Vorwand für einen Einmarsch in der Ukraine schaffen wolle. Biden sagte in seiner Rede, Russland fahre derzeit eine Desinformationskampagne, wonach Kiew einen „massiven Offensivangriff“ auf die Donbass-Region plane.

„Es gibt ganz einfach keine Belege für diese Behauptungen“, sagte Biden. „Und es widerspricht jeder Logik, dass die Ukrainer diesen Moment auswählen würden, an dem mehr als 150.000 Soldaten an ihren Grenzen aufmarschiert sind, um einen seit Jahren andauernden Konflikt zu eskalieren.“

Vor seiner Rede hatte Biden an einer erneuten Telefonkonferenz mit westlichen Staats- und Regierungschefs teilgenommen, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Spitzen von EU und Nato. „Dabei waren sich alle einig, dass die Gefahr eines russischen Angriffs auf die Ukraine sehr real sei“, erklärte Scholz‘ Sprecher Steffen Hebestreit danach.

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