Europäische Zentralbank lässt Leitzinsen unverändert

Euro/EZB - Bild: shivevasil via Twenty20
Euro/EZB - Bild: shivevasil via Twenty20

Auch angesichts einer unerwartet hohen Inflationsrate in der Eurozone belässt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins vorerst bei historisch niedrigen null Prozent. „Die Inflation wird voraussichtlich länger erhöht bleiben als erwartet, aber im Laufe des Jahres zurückgehen“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag. Zu einem beschleunigten Ende der Anleihekäufe, einer Vorbedingung für etwaige Zinserhöhungen, äußerte Lagarde sich zurückhaltend.

Der EZB-Rat werde bei seinem nächsten Treffen im März über das weitere Vorgehen beraten, sagte sie. „Wir werden die Situation auf der Basis von Daten beurteilen, und dann werden wir eine Entscheidung treffen.“ Lagarde bekräftigte das schrittweise Vorgehen der Zentralbank: Die Leitzinsen würden erst nach einem Ende der Anleihekäufe erhöht.

Auch die beiden weiteren wichtigen Zinssätze beließ der EZB-Rat unverändert. Der Einlagenzins für Banken beträgt somit weiterhin minus 0,5 Prozent. Bei kurzfristigen Kapitalspritzen und sogenannten Übernachtkrediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig.

Unter dem Pandemic Emergency Purchasing Programme (PEPP) werden laut EZB im ersten Quartal 2022 außerdem „geringere Nettoankäufe von Vermögenswerten“ getätigt. Die Ankäufe sollen, wie bereits im Dezember beschlossen, Ende März 2022 eingestellt werden. Die EZB betonte, dass die Nettoankäufe „erforderlichenfalls wieder aufgenommen werden“ könnten, „um negativen Schocks im Zusammenhang mit der Pandemie entgegenzuwirken“.

Auch die Anleihekäufe unter dem älteren Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) werden wie geplant fortgesetzt. Im zweiten Quartal werden sich die Nettoeinkäufe demnach auf monatlich 40 Milliarden Euro belaufen, im dritten Quartal dann auf 30 Milliarden und ab Oktober auf 20 Milliarden Euro monatlich. Ein Ende der APP-Anleihekäufe stellte die EZB nicht in Aussicht.

Analysten sehen trotz der unveränderten geldpolitischen Entscheidungen einen leichten Kurswechsel: Anstatt wie noch im Dezember eine Zinserhöhung im Jahr 2022 als „sehr unwahrscheinlich“ zu bezeichnen, verwies Lagarde auf das Treffen am 10. März. Eine Zinserhöhung im Jahr 2022 und ein schnellerer Ausstieg aus den Anleihekäufen sei nun „zumindest eine Option“, erklärte der Berenberg-Analyst Holger Schmieding.

Die EZB habe weitere Schritte zwar auf ihr nächstes Treffen verschoben, analysierte auch Carsten Brzeski von ING Think. Mit dem Verweis auf weitere Diskussionen auf Basis neuer Daten habe Lagarde aber die „Tür geöffnet für eine schnellere Reduktion der Anleihekäufe und eine mögliche Zinserhöhung in diesem Jahr“. Auch Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg erklärte, Lagarde habe ihre Absage an Zinserhöhungen im Jahr 2022 relativiert.

Auch die Devisenmärkte reagierten auf die leicht veränderten Töne aus Frankfurt: Der Euro legte nach Lagardes Äußerungen im Vergleich zum Dollar deutlich um ein Prozent zu auf 1,1417 Dollar.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) äußerte sich kritisch. „Die Geldpolitik bleibt unangemessen expansiv“, erklärte BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig. Damit steige das Risiko, dass die EZB noch in diesem Jahr „abrupt umsteuern“ müsse.

Zuletzt hatte sich die Kritik am lockeren geldpolitischen Kurs der EZB verstärkt. Die US-Notenbank Fed kündigte bereits in der vergangenen Woche eine Zinserhöhung für März an. Die Bank of England erhöhte am Donnerstag ihren Leitzins zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen, und zwar um 0,25 Punkte auf 0,5 Prozent.

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