Lobbyregister wird scharf geschaltet: Bußgeld ab 50 E-Mails

Bundestag/Reichstag
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Lobbyisten werden bezahlt, um Einfluss auf Politik und Gesetzgebungsvorhaben zu nehmen. Für Interessenvertreter, die das gerne im Verborgenen tun, beginnen am 1. März schwierige Zeiten. Dann wird das Lobbyregister für Bundestag und Bundesregierung nach einer zweimonatigen Übergangszeit scharf geschaltet. Lobbyisten von Unternehmen, Verbänden, Organisationen und Vereinen drohen dann Bußgelder von bis zu 50.000 Euro, wenn sie nicht registriert sind.

Derzeit herrscht eine Art Torschlusspanik. In nur einer Woche stieg die Zahl der registrierten Interessenvertreter von 650 auf über 1700. Für die Organisation LobbyControl sind das aber bei weitem nicht alle, die Lobbyarbeit in Berlin betreiben. Ihr Experte Timo Lange schätzt, dass eigentlich 5000 bis 6000 Einzelpersonen, Firmen und Organisationen registrierungspflichtig sein müssten.

Der Aufwand dafür ist nicht gering. 189 Seiten ist das Handbuch des Bundestags zur Eintragung lang. Lobbyisten müssen demnach nicht nur Kontaktdaten und ihre Auftraggeber angeben, sondern auch welcher finanzielle Aufwand für die Interessenvertretung betrieben wird. Zudem müssen sie namentlich Spender nennen, von denen sie mehr als 20.000 Euro erhalten haben.

Im Register zu finden ist bereits der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft. Er gibt mit fast 15 Millionen Euro pro Jahr das meiste Geld für Lobbyarbeit aus. Erst mit deutlichem Abstand folgen der Verbraucherzentrale Bundesverband (elf Millionen) und der Verband der Chemischen Industrie (8,2 Millionen Euro). Ein Großkonzern wie Volkswagen kommt auf 6,5 Millionen Euro und gibt 41 Beschäftigte an, „die Interessenvertretung unmittelbar ausüben“.

Als Einzel-Lobbyisten haben sich bisher gut hundert Interessenvertreter eintragen lassen. Der größte Teil im Register sind aber eingetragene Vereine. Das reicht vom Kinderschutzbund über die Wellpappen- und Zementindustrie bis zum Shisha-Verband und bayerischen Schafhaltern.

Tatsächlich ist der Lobby-Begriff weit gefasst. Eintragen müssen sich alle, „die Kontakt zu Mitgliedern des Bundestages oder der Bundesregierung aufnehmen, um Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen, oder die solche Tätigkeiten in Auftrag geben“. Die Kontaktaufnahme muss dabei nicht in persönlichen Treffen bestehen. Es reicht ein Anruf, ein Brief oder gar eine E-Mail.

Und hier ist die Schwelle mit 50 Kontaktaufnahmen binnen drei Monaten niedrig. Wer eine Sammelmail an 50 Bundestagsabgeordnete schreibt, müsste sich bereits registrieren – egal, ob es darauf eine Reaktion gibt oder nicht. Und bis zu 20.000 Euro Bußgeld drohen auch, wenn die Eintragung fahrlässig unterbleibt – etwa weil die Betroffenen sich nicht richtig über die Registrierungspflicht informiert haben.

LobbyControl-Experte Lange rechnet aber nicht mit sofortigen Bußgeldbescheiden. „Die Bundestagsverwaltung bräuchte erst einmal konkrete Hinweise von Angesprochenen“, sagt er. Aus dem Bundestag heißt es, säumigen Lobbyisten werde zunächst eine Frist gesetzt. Erst wenn dies nicht fruchte, können ein Bußgeldverfahren drohen.

An den Vorgaben des Registers gibt es auch Kritik. Die Dachorganisationen Deutscher Naturschutzring (DNR) und Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro) monieren, dass die Eintragung für kleine, ehrenamtlich organisierte Vereine „einen unverhältnismäßig aufwendigen und bürokratischen Prozess“ bedeutet. Dies könne dazu führen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen „ihre politische Betätigung deutlich einschränken“.

DNR und Venro hoffen deshalb auf eine Reform des gerade erst gestarteten Registers. Diese dürfte schon dieses Jahr anstehen. Denn die „Ampel“-Parteien haben in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, sie wollten „das Lobbyregistergesetz nachschärfen“.

LobbyControl-Vertreter Lange hofft, dass dann auch einige Defizite beseitigt werden, die aus seiner Sicht das Register nicht transparent genug machen. So müssten Lobbyisten bisher nicht verpflichtend angeben, „welche Gesetze und Entscheidungen beeinflusst werden sollen“.

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