Öko-Siegel für Atomenergie mit Spaltkraft

Atomkraftwerk - Bild: MarcelG/CC BY-SA 2.0
Atomkraftwerk - Bild: MarcelG/CC BY-SA 2.0

Die EU-Kommission stuft Atomenergie und Gas als nachhaltig ein: Mit dieser Entscheidung vom Mittwoch hat die Brüsseler Behörde vor allem Österreich und Umweltschützer gegen sich aufgebracht. Auch den Grünen in der Berliner Ampel-Koalition stoßen die Pläne übel auf, verhindern können sie diese aber nur noch schwerlich:

Worum geht es?

Die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch dafür gestimmt, Atomenergie in eine Liste „nachhaltiger“ Energiequellen aufnehmen. Die seit 2020 geltende Taxonomie-Verordnung umfasst bisher Öko-Energien wie Wind und Sonnenkraft. Auch das fossile Gas soll künftig unter bestimmten Voraussetzungen als „grün“ gelten.

Was ist das Ziel?

Mit Hilfe der Verordnung will die EU ihren „Green Deal“ umsetzen und bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. Jährlich werden dafür nach Angaben der EU-Kommission 350 Milliarden Euro benötigt. Die Aufnahme von Atom und Gas kommt einer Empfehlung an die Finanzmärkte gleich, in solche Anlagen zu investieren.

Umweltschützer befürchten, dass dies zulasten des Ausbaus erneuerbarer Energieformen wie Wind und Sonne geht. Sie warnen, im äußersten Fall könnten nicht nur private, sondern auch öffentliche Gelder umgelenkt werden.

Wer tritt für „grüne“ Atomkraft ein?

Allen voran Frankreich: Präsident Emmanuel Macron hält die Atomenergie für unerlässlich, um die Klimaziele der EU zu erreichen und Europa unabhängiger von russischem Erdgas zu machen. Die Atommacht Frankreich bezieht derzeit rund 70 Prozent ihres Stroms aus Kernkraftwerken, das ist der höchste Anteil weltweit. Aber auch Polen und weitere östliche EU-Staaten wollen neue Atomkraftwerke bauen, um ihre stark von Kohle abhängigen Volkswirtschaften nachhaltiger zu gestalten.

Was hält die Bundesregierung von den Plänen?

Gegen das Öko-Label für Atomkraft stemmen sich vor allem die Grünen in der Ampel-Koalition, aber auch in der SPD gibt es Widerstand. Die Bundesregierung warnte in ihrer offiziellen Stellungnahme vom Januar vor Atomunfällen, den hohen Kosten der Kernenergie sowie der ungelösten Atommüll-Frage. Erdgas ist der Ampel zufolge dagegen als „Brücke“ nötig, um den Kohleausstieg zu ermöglichen und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu begleiten.

Kann die Bundesregierung die Pläne noch stoppen?

Das gilt als äußerst schwierig. Denn die Kommission hat die Form eines sogenannten delegierten Rechtsakts gewählt. Um diesen aufzuhalten, gibt es sehr hohe Hürden: Entweder stimmen die Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit dagegen – also 20 EU-Länder, die zusammen 65 Prozent der europäischen Bevölkerung umfassen. Oder aber das Europaparlament stimmt mehrheitlich dagegen. Beides gilt als unwahrscheinlich.

Welche Verbündeten hat Berlin in der EU?

Neben Deutschland haben sich auch Österreich, Luxemburg sowie Dänemark und Portugal gegen ein grünes Siegel für die Atomkraft ausgesprochen. Österreich kündigte eine Klage an, sollte die Kommissionsvorlage in Kraft treten. Anders als Deutschland hatte sich Österreich auch gegen Gas ausgesprochen – und hat dabei Dänemark, die Niederlande und Schweden an seiner Seite.

Wie geht es nun weiter?

Die EU-Staaten und das Parlament haben maximal sechs Monate Zeit zur Stellungnahme. Kommt keine Sperrmehrheit zusammen, tritt der Rechtsakt zum 1. Januar 2023 unverändert in Kraft. Im Fall einer Klage aus Österreich könnte sich dies allerdings verzögern.

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