Panzer, die nicht rollen. Kampfjets, die nicht fliegen. Schiffe, die nicht schwimmen. Die Liste der Missstände bei der Bundeswehr ist lang. Nun soll ein wahrer Geldsegen über der Truppe niedergehen: Mit 100 Milliarden Euro will der Bund die Bundeswehr fit machen. Im Folgenden ein Überblick, wo es bei der Truppe gerade besonders hakt – und wo das Geld eingesetzt werden soll:
– Beschaffungswesen
Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) verhehlt ihren Ärger nicht: Es sei „absolut unverständlich, dass es nicht gelingt, Beschaffungen – selbst von kleinen Ausrüstungsgegenständen wie Kälteschutzanzügen, Gehörschutz, Helmen oder Rucksäcken – zu beschleunigen“, schrieb sie in ihrem letzten Jahresbericht. Reparaturbedarf, Materialausfälle und Verzögerungen seien „leider Alltag in der Truppe“. Zuständig für Anschaffungen ist das Bundesamt für Wehrtechnik in Koblenz – es gilt als überbürokratisiert, unterbesetzt und dringend reformbedürftig.
– Tornado-Nachfolge
Für die Bundeswehr wird es immer schwerer, ihre zum Teil jahrzehntealten Tornado-Flugzeuge abheben zu lassen. Ersatzteile sind oft nicht mehr verfügbar und müssen von Hand nachgefertigt werden. Dabei sind die Tornados enorm wichtig für die Bündnisfähigkeit: Das Nato-Konzept der „nuklearen Teilhabe“ sieht vor, dass Deutschland im Ernstfall US-Atomwaffen transportieren soll. Diese Aufgabe müssen die Tornados erfüllen. Ein beträchtlicher Teil der Finanzspritze dürfte in diesen Bereich fließen. Übergangsweise könnten F-35-Jets aus den USA angeschafft werden.
– Weiteres Gerät
Langfristig will Deutschland mit europäischen Partnern einen neuen Kampfjet entwickeln. Dies wird Jahrzehnte dauern. Bis dahin soll der Kampfjet Eurofighter weiterentwickelt werden. Für den dringend von der Bundeswehr gewünschten neuen schweren Transporthubschrauber werden ebenfalls mehrere Milliarden Euro benötigt. Zudem muss die Truppe ihre Panzerflotte aufmöbeln, die Marine will neue Schiffe. Und schließlich soll die Bundeswehr bewaffnete Drohnen bekommen – dagegen hatte es bis zuletzt Widerstand etwa in der SPD gegeben.
– Bundeswehr-Auftrag
Wofür braucht Deutschland eine Armee? Nach dem Ende des Kalten Kriegs wurde die Bundeswehr massiv verkleinert. In Europa, so das Kalkül, gebe es keine Feinde mehr. Mit Beginn des Afghanistan-Einsatzes 2001 fand die Bundeswehr einen neuen Schwerpunkt: Sie richtete ihren Auftrag auf punktuelle Auslandseinsätze außerhalb des Bündnisgebiets aus: am Hindukusch, in Mali, im Nordirak. In einem Kraftakt muss sie nun die Rückbesinnung auf ihren früheren Kernauftrag stemmen: die Landes- und Bündnisverteidigung.
– Digitalisierung
Teile der Bundeswehr sind noch nicht ganz im digitalen Zeitalter angekommen. Wenn es um die Vernetzung von Waffensystemen, Cyber-Einsätze oder den Einsatz Künstlicher Intelligenz geht, herrscht Nachholbedarf. Vor fünf Jahren immerhin richtete die Bundeswehr ein Cyberkommando als eigenständigen militärischen Organisationsbereich ein. Der Finanzbedarf für die Digitalisierung der Truppe und ihrer landgestützten Operationen wird auf mehrere Milliarden Euro veranschlagt.
– Strukturreform
Bereits die frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte eine Strukturreform angestoßen, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen. Ein neues Einsatzkommando „Inland“ soll für die Verteidigung des NATO-Bündnisgebiets und für die Landesverteidigung zuständig sein. Bislang gibt es lediglich ein solches Kommando für Auslandseinsätze. Auch in anderen Bereichen soll reformiert werden, um Führungsstrukturen zu verschlanken und effizienter zu machen.