Basis-Schutz für alle Regionen und besondere Regeln für künftige Corona-Hotspots – das sind die Kernpunkte des neuen Infektionsschutzgesetz, auf das sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) geeinigt hat und das am Mittwoch ins Kabinett ging. Damit dürfen künftig bundesweit Masken- und Testpflichten angeordnet werden, in Gebieten mit hohen Infektionsraten können Abstandsgebote und verpflichtende Hygienekonzepte hinzu kommen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, mit dem Gesetz könnten die Länder vulnerable Gruppen schützen und die hohen Inzidenzen in den Schulen in den Griff bekommen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hob hervor, in Regionen ohne hohes Infektionsgeschehen „kehren wir weitestgehend zur Normalität des Lebens zurück“.
Das neue Gesetz sieht vor, dass bestimmte Maßnahmen künftig generell weiter gelten können. Dazu gehören eine Maskenpflicht in Alten- und Pflegeheimen sowie Testpflichten in Schulen oder etwa in Justizvollzugsanstalten. Voraussetzung ist aber stets, dass die Länder entsprechende Verordnungen erlassen.
In Corona-Hotspots können darüber hinaus besondere Schutzmaßnahmen verhängt werden, wenn das jeweilige Landesparlament dies beschließt. Voraussetzung ist demnach, dass „die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage besteht“. Dass eine solche Lage besteht, muss aber das jeweilige Landesparlament per Beschluss feststellen. Ein Hotspot kann sich demnach auf einen Stadtteil beschränken, aber auch ein ganzes Bundesland umfassen.
Zu den dann möglichen Maßnahmen gehören ebenfalls Maskenpflichten sowie ein Abstandsgebot von 1,5 Metern im öffentlichen Raum – insbesondere in Innenräumen. Zudem sollen die Menschen in diesem Fall verpflichtet werden können, beim Betreten bestimmter Einrichtungen und Unternehmen einen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorzulegen.
Einrichtungen oder Angebote mit Publikumsverkehr sollen zudem zur Erarbeitung von Hygienekonzepten verpflichtet werden. Die Maßnahmen sollen dem Gesetzentwurf zufolge automatisch enden, wenn sie das jeweilige Landesparlament nicht spätestens nach drei Monaten verlängert. Um den Landesparlamenten genügend Zeit für etwaige Entscheidungen zu lassen, soll in dem neuen Gesetz festgelegt werden, dass die derzeitigen Corona-Beschränkungen noch bis 2. April weiter gelten dürfen. Sie würden andernfalls am 19. März auslaufen.
Mit dem Gesetz bleibt zudem der Genesenenstatus auf 90 Tage festgeschrieben.Über das Gesetz hatten Lauterbach und Buschmann bis zuletzt gerungen. Die FDP hatte sich stets gegen zu harte Maßnahmen gesträubt. Mit der Einigung ist der Weg frei für die Beschlussfassung von Bundestag und Bundesrat in der kommenden Woche.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte den Gesetzentwurf als unzureichend. „So darf die Novelle des Infektionsschutzgesetzes den Bundestag nicht passieren“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. „Hunderte besonders ältere Menschen sterben täglich an Corona, doch die Regierung will weitestgehend zur Normalität des Lebens zurückkehren.“ Er fügte hinzu: „Die soziale Kälte hat die Ampelkoalition erreicht.“
Demgegenüber zeigte sich die FDP zufrieden mit dem gefundenen Kompromiss. „Die Lockerungen kommen zum richtigen Zeitpunkt, denn aktuell droht keine Überlastung des Gesundheitssystems“, sagte der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Bundesregierung brachte den Gesetzentwurf im Zeichen erneut steigender Infektionsraten auf den Weg. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz auf 100.000 Einwohner ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) am Mittwoch auf 1319,0 gestiegen. Am Vortag hatte er 1293,6 betragen, am Mittwoch vergangener Woche 1171,9.