Eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine galt wegen des Konflikts mit Russland bisher als ausgeschlossen, doch nun haben sich die EU-Staaten auf einen hoch symbolischen Schritt geeinigt: Sie brachten am Montag die Prüfung des ukrainischen Beitrittsantrags auf den Weg. Hoffnungen auf eine schnelle Mitgliedschaft kann sich das Land dennoch nicht machen – auch wenn sich die Ukraine gegen den russischen Angriff behaupten sollte.
Konkret einigten sich die Botschafter der EU-Länder nach Angaben der französischen Ratspräsidentschaft darauf, von der EU-Kommission eine erste Stellungnahme zum Kandidatenstatus für die Ukraine einzuholen. Auch die Anträge Georgiens und Moldaus sollen demnach geprüft werden.
Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder dürften sich bei einem Gipfeltreffen im französischen Versailles am Donnerstag und Freitag mit dem Thema befassen. Vor allem östliche EU-Länder wie Polen und Slowenien hatten sich für eine Mitgliedschaft der Ukraine eingesetzt.
Offiziell beantragt hatten die drei früheren Sowjetstaaten ihren EU-Beitritt nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangte von den Europäern sogar eine Mitgliedschaft im Schnellverfahren, um einen Trumpf gegen Moskau ausspielen zu können.
Dem folgten die EU-Länder allerdings nicht, wie Diplomaten betonen. Denn EU-Beitrittsverfahren sind langwierig und umfassen eine Vielzahl von Schritten. Nach dem EU-Vertrag müssen Anwärterländer zahlreiche Kriterien erfüllen. Sie reichen von einer Stabilität der staatlichen Institutionen über die Rechtsstaatlichkeit bis hin zu einer funktionierenden Marktwirtschaft.
Die erste Hürde ist die Stellungnahme der EU-Kommission: Sie prüft die Anträge eingehend und kann den EU-Ländern dann empfehlen, einem Land den Status eines Beitrittskandidaten zu gewähren. Erst wenn alle 27 Mitgliedsländer dem einstimmig zustimmen, kann der eigentliche Beitrittsprozess beginnen.
In einem jahrelangen Prozess werden dann die verschiedenen Beitrittskapitel eröffnet. Die Kandidatenländer müssen der EU gegenüber nachweisen, dass sie die sogenannten Kopenhagener Kriterien zur Beitrittsreife erfüllen. In der Regel sind dafür umfassende Reformen nötig, etwa beim Kampf gegen die Korruption oder im Justizsystem.
Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen führt auch nicht in jedem Fall zur Mitgliedschaft, wie das Beispiel der Türkei zeigt. Sie hatte Ende 1999 den Status eines Bewerberlandes erhalten, im Oktober 2005 wurden die Beitrittsverhandlungen eröffnet. Diese gestalteten sich aber extrem zäh, unter anderem im Konflikt um das EU-Mitglied Zypern.
Nach dem gescheiterten Militärputsch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan 2016 und den folgenden Massenverhaftungen legte die EU den Prozess dann vorerst auf Eis. Auch mehrere Balkanstaaten befinden sich bereits seit Jahren im Wartesaal der EU.