Gaststätten haben keinen Anspruch auf individuelle staatliche Entschädigung wegen der Corona-Maßnahmen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wies am Donnerstag die Revision eines Gastwirts aus Brandenburg zurück, der zusätzlich zu den Soforthilfen 27.000 Euro Schadenersatz forderte. Hilfeleistungen für schwer getroffene Wirtschaftszweige seien keine Aufgabe der Staatshaftung, sondern der Gesetzgeber müsse Ausgleichsmaßnahmen treffen, erklärte der BGH. (Az. III ZR 79/21)
Die höchstrichterliche Entscheidung betrifft nicht nur das Hotel mit Restaurants und Veranstaltungsräumen in Brandenburg, dessen Betreiber geklagt hatte. Sie hat grundsätzliche Bedeutung und wirkt sich auf viele ähnliche Fälle aus, die vor deutschen Gerichten liegen.
Gemäß Sozialstaatsprinzip trage die staatliche Gemeinschaft bei einem gemeinschaftlichen Schicksal Lasten mit, wenn diese zufällig eine bestimmte Gruppe beträfen, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann bei der Urteilsverkündung. Daraus folge zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, den wiederum der Gesetzgeber gestalte. Ein Beispiel dafür seien die während der Pandemie aufgelegten Hilfsprogramme.
Das Infektionsschutzgesetz sei eindeutig formuliert, daraus ließen sich lediglich Ansprüche bei Betriebsschließungen zur Verhütung von Infektionen ableiten – nicht zur Bekämpfung einer bereits bestehenden Pandemie, so der BGH.
Der Fall aus Brandenburg ähnelt dem Schicksal vieler Gastronomen in der Pandemie. Der Betrieb musste vor zwei Jahren vorübergehend schließen, als das Land die ersten Corona-Schutzmaßnahmen verhängte. Touristen durften im Hotel nicht mehr übernachten, der Kläger konnte nur noch einen Abholservice für Getränke anbieten.
Er bekam zwar Corona-Soforthilfe in Höhe von 60.000 Euro von der brandenburgischen Investitionsbank – das reiche aber bei Weitem nicht aus, argumentierte sein Anwalt während der Verhandlung in Karlsruhe Anfang März. Er gab an, dass dem Lokal jeden Tag Umsätze in Höhe von mehr als 5400 Euro entgangen seien. Die Tochter der Familie, die den Betrieb zusammen mit ihrem Vater führt, berichtete, dass die Einnahmen auch nach Ende des Lockdowns nicht mehr die frühere Höhe erreicht hätten.
Schon in den Vorinstanzen, vor dem Landgericht Potsdam und dem Oberlandesgericht in Brandenburg, hatte die Klage gegen das Land Brandenburg keinen Erfolg. Nun wies der BGH auch die Revision zurück.
Ende Januar war bereits ein Gastwirt mit einer Klage gegen seine Betriebsschließungsversicherung gescheitert, die im Lockdown nicht zahlte. Auch diese BGH-Entscheidung hat Einfluss auf zahlreiche ähnliche Verfahren vor deutschen Gerichten.