Klagen gegen vorläufige Anwendung von Handelspakt Ceta scheitern in Karlsruhe

Justiz (über cozmo news)
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Deutschland kann sich an der vorläufigen Anwendung des EU-Kanada-Handelsabkommens Ceta weiter beteiligen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies am Dienstag die Verfassungsbeschwerden von insgesamt 200.000 Bürgerinnen und Bürgern und eine Organklage der Linken-Bundestagsfraktion dagegen zurück. Die EU habe mit dem Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung des Abkommens ihre Kompetenzen nicht überschritten, erklärte das Gericht. (Az. 2 BvE 3/16 u.a.)

Es verwarf außerdem die Teile der Klagen, die sich grundsätzlich gegen die Unterzeichnung von Ceta richteten, da davon noch keine unmittelbare Rechtswirkung für die Beschwerdeführenden ausgehe. Auch die Beschwerden gegen einen Beschluss des EU-Rats zum Abschluss von Ceta sowie zum deutschen Zustimmungsgesetz hielt es für unzulässig, weil beides noch aussteht.

Ceta ist seit September 2017 vorläufig in Teilen in Kraft, zwölf Mitgliedstaaten – darunter Deutschland – haben das Abkommen aber noch nicht ratifiziert. Deutschland wollte dazu die Entscheidungen aus Karlsruhe abwarten. Neben den Linken stehen auch die inzwischen mitregierenden Grünen Ceta kritisch gegenüber; sie kündigten in ihrem Wahlprogramm vor der Bundestagswahl an, das Abkommen „in seiner jetzigen Fassung“ nicht ratifizieren zu wollen.

Die Ampel-Koalition einigte sich darauf, die Entscheidung „nach Abschluss der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht“ zu treffen, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Am Freitag berät der Bundestag über einen Antrag der Unionsfraktion, welche die umgehende Ratifizierung fordert.

Ceta soll den Handel zwischen der Europäischen Union und Kanada erleichtern und regelt unter anderem den Wegfall fast sämtlicher Zölle. Kritik gibt es vor allem daran, dass Unternehmen vor einem neuen Schiedsgericht gegen Staaten klagen können sollen; viele Menschen sorgen sich außerdem darum, dass deutsche Umwelt- oder Arbeitsschutzstandards in Gefahr seien und die demokratischen Mitwirkungsrechte beschnitten werden könnten.

2016 lehnte Karlsruhe bereits Eilanträge gegen das Abkommen ab und erlaubte die vorläufige Beteiligung Deutschlands – allerdings unter Auflagen. Unter anderem durften nur diejenigen Teile vorläufig in Kraft treten, die in der Zuständigkeit der EU liegen. Beschlüsse des Lenkungsgremiums, des Ceta-Ausschusses, mussten zuvor vom Rat einstimmig angenommen werden. Außerdem sollte die Bundesregierung sicherstellen, dass Deutschland auch wieder austreten könne. Besonders umstrittene Teile wie die Schiedsgerichtsregelung waren damit erst einmal ausgenommen.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun, die Mitwirkung des deutschen Vertreters am Beschluss des EU-Rats über die vorläufige Anwendung sei „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“. Die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats äußerten zwar Zweifel daran, dass alle in dem Abkommen ursprünglich vereinbarten Punkte verfassungsgemäß sind. So wie es vorläufig eingeschränkt angewandt werde, sei ein Risiko jedoch ausgeschlossen.

Das Bündnis der Organisationen Foodwatch, Mehr Demokratie und Campact, das eine der Verfassungsbeschwerden koordinierte, teilte mit, es sei weiterhin offen, ob Ceta verfassungskonform sei. „Wir behalten uns vor, erneut nach Karlsruhe zu ziehen, wenn das Zustimmungsgesetz auf dem Tisch liegt“, erklärte Roman Huber, Bundesvorstand von Mehr Demokratie.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser sprach von einer verpassten Chance, „die Demokratie vor der geballten Macht internationaler Großkonzerne zu schützen“. Jetzt liege der Ball im Bundestag, „dieses Abkommen auf den letzten Metern noch zu stoppen“, erklärte Meiser.

Auch Olaf Bandt, der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, forderte: „Die Ratifizierung in Deutschland muss unbedingt verhindert werden.“

Katja Hessel (FDP), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, twitterte dagegen: „Klar ist: Sollten regelbasierten Freihandel mit fairen sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards prinzipiell stärken.“

Ihr Fraktionskollege Michael Kruse erklärte: „Damit ist der Freihandel mit unserem Partner Kanada gesichert, Unternehmen und Verbraucher profitieren von der geschaffenen Rechtssicherheit, Ceta kann nun endgültig ratifiziert werden.“

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