Nun ist es offiziell: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kandidiert für eine zweite Amtszeit. „Ich bin Kandidat, um mit Ihnen gemeinsam eine französische und europäische Antwort auf die Herausforderungen des Jahrhunderts zu finden“, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben des Präsidenten an seine Landsleute. Er müsse seinen Wahlkampf allerdings „wegen des Kontextes“ anpassen, schrieb er in Anspielung auf den Ukraine-Krieg.
In seiner ersten Amtszeit habe er die Arbeitslosigkeit und die Steuern gesenkt, betonte Macron. Außerdem sei es ihm gelungen, „unsere wichtigsten Nachbarn davon zu überzeugen, mit dem Aufbau einer Europa-Macht zu beginnen, die sich verteidigen und den Lauf der Geschichte bestimmen kann“. Er warnte die Franzosen, dass sie künftig „mehr arbeiten“ müssten, damit die Steuern weiter gesenkt werden können.
In einer zweiten Amtszeit wolle er weiter in Erneuerung und Forschung investieren, „damit Frankreich an erster Stelle steht in Bereichen wie erneuerbare Energien, Atomkraft“ und anderen Sektoren, schrieb Macron. Ziel sei es, „eine große umweltfreundliche Nation zu werden“. Frankreich werde als erstes Land die Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle beenden.
Macron versprach unter anderem höhere Gehälter für Lehrer, eine bessere Ausstattung der Altenheime und eine bessere ärztliche Versorgung auf dem Land – Alltagssorgen vieler Franzosen, die in Meinungsumfragen immer wieder genannt werden. Macron lobte die „Einzigartigkeit Frankreichs“ und den „Widerstandsgeist der Franzosen“. Dabei verwendete er drei Mal mehr das Wort „wir“ als das Wort „ich“ und betonte ausdrücklich, dass es ihm nicht nur um Frankreich, sondern auch um Europa gehe.
Macron hatte nie Zweifel daran gelassen, dass er für eine zweite Amtszeit antreten wollte. Der Präsident hatte die Erklärung seiner Kandidatur erst wegen der Corona-Pandemie und dann wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hinausgezögert. Macron hat seit Dezember etwa ein Dutzend Mal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, zuletzt am Donnerstagmittag.
Am Freitag läuft die Frist für die Präsidentschaftskandidaten ab, um die nötigen 500 Unterschriften von Bürgermeistern und Abgeordneten für eine Kandidatur zu sammeln. Ein erstes großes Wahlkampftreffen, das für Samstag in Marseille geplant war, wurde wegen der aktuellen Lage bereits abgesagt. Gewählt wird am 10. und 24. April.
Es gilt als wahrscheinlich, dass der 44-jährige Macron von seinem Amtsbonus und seiner führenden Rolle in Europa profitieren wird. Frankreich hat im ersten Halbjahr 2022 die EU-Ratspräsidentschaft inne, was ihm eine zusätzliche Bühne verschafft.
Macron dürfte auch großes Glück gehabt haben, dass die jüngste Corona-Welle derzeit ebenso rasant abebbt, wie sie zuvor angestiegen war. Mitte März sollen in Frankreich fast überall die Maskenpflicht und die Vorlage eines Impfpasses entfallen.
In Umfragen liegt Macron seit Wochen stabil vorn. Derzeit kommt er auf 25 bis 28 Prozent, gefolgt von der Rechtspopulistin Marine Le Pen mit 17 Prozent und dem rechtsextremen Politiker Eric Zemmour mit 14 Prozent. Demnach könnten Macron und Le Pen wie bereits 2017 in der Stichwahl gegeneinander antreten.
Die rechtskonservative Kandidatin Valérie Pécresse ist auf zwölf Prozent abgesunken und liegt nahezu gleichauf mit dem Linkskandidaten Jean-Luc Mélenchon. Von den weiteren grünen, sozialistischen und linken Kandidaten und Kandidatinnen schafft es in den Umfragen derzeit niemand in den zweistelligen Bereich.