Russische Armee nimmt Kleinstadt Slawutytsch ein – Drei Tote nach Übernahme

Berichterstattung rund um den Krieg in der Ukraine (über cozmo news)
Berichterstattung rund um den Krieg in der Ukraine (über cozmo news)

Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über die Kleinstadt Slawutytsch übernommen, den Wohnort des Personals der Atomruine von Tschernobyl. Wie die Militärverwaltung der Region Kiew am Samstag im Messengerdienst Telegram mitteilte, drangen russische Soldaten in die Stadt ein, besetzten das städtische Krankenhaus und nahmen kurzzeitig den Bürgermeister gefangen. Stunden später kam Bürgermeister Juri Fomitschew dann wieder frei. Am Abend meldete er den Tod von drei Menschen.

Aus Protest gegen die Besatzung waren die Einwohner von Slawutytsch auf die Straßen gegangen und mit einer riesigen ukrainischen Flagge Richtung Krankenhaus gezogen, wie die Regionalbehörden bekannt gaben. Die Militärverwaltung veröffentlichte Bilder, auf denen sich Dutzende Menschen um eine ukrainische Flagge versammeln und „Ruhm der Ukraine“ skandieren. Das russische Militär habe Warnschüsse abgegeben und die Demonstranten mit Blendgranaten beworfen.

Die Demonstration mit 5000 Menschen habe friedlich geendet, sagte Fomitschew der Nachrichtenagentur AFP, die den Bürgermeister nach seiner Freilassung telefonisch erreichen konnte. „Ich bin freigelassen worden, alles ist in Ordnung, soweit sich das unter Besatzung sagen lässt“, sagte er. Er versicherte den Bürgern dass die russischen Truppen die Stadt bald wieder verlassen würden.

Wenig später teilte Fomitschew allerdings in einem auf Facebook veröffentlichten Video mit, dass mindestens drei Menschen gestorben seien – ohne jedoch anzugeben, wann und unter welchen Umständen.

„Wir haben einige Tote, das ist wahr. Drei bestätigte Todesfälle bis jetzt“, sagte er. „Wir haben noch nicht alle identifiziert.“ Er wies darauf hin, dass sich „Zivilisten unter ihnen“ befunden hätten. „Wir haben unsere Stadt standhaft verteidigt“, aber „unsere Kräfte waren absolut ungleich verteilt“, fügte Fomitschew hinzu.

Die 25.000-Einwohner-Stadt Slawutytsch war 1986 nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl gegründet worden. Sie befindet sich 160 Kilometer nördlich von Kiew.

Die russischen Streitkräfte hatten am 24. Februar, dem ersten Tag ihres Angriffs auf die Ukraine, die Kontrolle über die Atomruine von Tschernobyl übernommen. Erst vor wenigen Tagen konnten rund hundert ukrainische Techniker, die für die Überwachung des Atommülls zuständig sind und seither dort ununterbrochen ihren Dienst versahen, abgelöst werden.

Im Akw Tschernobyl hatte sich 1986 das schlimmste Atomunglück der Geschichte ereignet. Hunderte Menschen starben, die Radioaktivität breitete sich über weite Teile Europas aus. Das Kraftwerk ist seitdem stillgelegt, ein riesiger Schutzmantel soll den Austritt von Radioaktivität verhindern. Seit dem russischen Einmarsch war die Stromversorgung der Atomruine mehrfach unterbrochen.

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