Thomas Losse-Müller: Der frühere Kieler Staatskanzleichef will es nun selbst wissen

Thomas Losse-Müller - Bild: Pepe Lange
Thomas Losse-Müller - Bild: Pepe Lange

Der fulminante Wahlsieg der SPD am Wochenende im Saarland sorgt auch weit im Norden für Optimismus bei einem Parteifreund, auf den sich die Blicke von Genossen und Medien bundesweit als nächstes richten werden. „Das Rennen in den Ländern ist offen“, freut sich Thomas Losse-Müller, Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen SPD für die dortige Landtagswahl. Der wohl wichtigste Teil seiner Analyse lautet: „Ein Amtsbonus garantiert nicht die Wiederwahl.“

Denn im hohen Norden tritt der 48-jährige Sozialdemokrat aus der Oppositionsrolle heraus gegen Ministerpräsident Daniel Günther und dessen CDU an, die seit der Landtagswahl von 2017 in einem Dreierbündnis mit Grünen und FDP regiert. Das sind nach den üblichen Gesetzmäßigkeiten der bundesdeutschen Politik erschwerte Bedingungen. Regierungschefinnen und -chefs genießen oftmals einen Vertrauensbonus, während sich Herausforderer erst beweisen müssen.

Mit Losse-Müller setzt die SPD im hohen Norden dabei außerdem auf einen eher ungewöhnlichen Kandidaten, der seinen Weg weit abseits einer traditionellen Parteikarriere ging. Erst seit 2020 ist er Mitglied der SPD, vorher war er bei den Grünen. Zwar stand Losse-Müller der SPD schon länger nahe – aber als Berater, Organisator und Stratege. Eine politische Funktion in der Partei hatte er nie.

Losse-Müller stammt aus dem nordrhein-westfälischen Schwerte und ist Volkswirt. Nach einem Studium in Köln und London, in dem er sein Geld unter anderem als Roadie auf Tourneen von Musikstars wie Tina Turner verdiente, arbeitete er für die Deutsche Bank und später bei der Weltbank. Er lebte zeitweise in Washington und Frankfurt am Main, wo er sich auch bei den Grünen engagiere.

2012 holte die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen ihn als Staatssekretär in ihr Ministerium nach Kiel. 2014 bot ihm der damalige SPD-Ministerpräsident Torsten Albig an, für ihn die Leitung der Staatskanzlei zu übernehmen – ein Schritt, den Losse-Müller wegen seiner Parteizugehörigkeit im Rückblick aus „ungewöhnlich“ bezeichnet. Aber er nahm an und arbeitete bis zur SPD-Wahlniederlage 2017 als Staatskanzleichef.

Danach arbeitete Losse-Müller, der eigenen Angaben zufolge unter anderem ein begeisterter Vogelbeobachter ist und Ausflüge in die Natur mag, für eine Unternehmensberatung. Zugleich engagierte er sich für die SPD in Schleswig-Holstein. Diese berief ihn 2019 in eine interne Denkfabrik. Die Annäherung gipfelte 2020 in seinem Parteieintritt. Losse-Müller beschreibt dies als Ergebnis eines längeren Überlegungsprozesses. „Die SPD ist für mich die Partei, die gesellschaftlichen Zusammenhalt organisiert“, erläutert er.

Zugleich erkannte die schleswig-holsteinische SPD, die unter ihrer Landeschefin Serpil Midyatli seit längerem an einer strategischen Neuaufstellung arbeitet, in ihm dem geeigneten Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 8. Mai. Dass Losse-Müller und nicht sie selbst diese Aufgabe übernahm, überraschte bei der Nominierung im vergangenen Jahr viele. Midyatli verwies auf seine Erfahrung und Expertise und betonte, sie wolle keine „One-Woman-Show“ aufführen.

Der Wahlkampf der SPD mit Losse-Müller steht unter anderem unter dem Motto „frische Ideen“, der Kandidat setzt auf soziale Themen wie die Wohnungsmarktpolitik. So wirbt er etwa vehement für eine Mietpreisbremse. Verheiratet ist er seit 2009. Seine Frau stammt aus Schleswig-Holstein. Gemeinsam hat das Paar zwei junge Töchter.

Ob die Karten für Losse-Müller trotz des Rückenwinds durch den Wahlausgang im Saarland am Ende so günstig liegen wie erhofft, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen. Denn in Umfragen liegt die SPD im Norden teils deutlich hinter der CDU zurück, die amtierende Regierung aus CDU, Grünen und FDP erhält gute Noten.

Vor allem reichen Losse-Müllers persönliche Popularitätswerte bei weitem nicht an die des sehr beliebten Ministerpräsidenten Günther heran. Vielen Wählerinnen und Wählern ist er bislang schlichtweg unbekannt. Eindeutige Wechselstimmung jedenfalls sieht anders aus.

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