Urteil: Verfassungsschutz darf AfD als Verdachtsfall einstufen

Bundeamt für Verfassungsschutz - Bild: REUTERS/Ina Fassbender
Bundeamt für Verfassungsschutz - Bild: REUTERS/Ina Fassbender

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die Alternative für Deutschland (AfD) einer Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts zufolge als sogenannten Verdachtsfall einstufen. Es gebe „ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei“, teilte das Gericht am Dienstag nach knapp zehnstündiger mündlicher Verhandlung in der Domstadt mit. Auch die Einstufung der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative als Verdachtsfall sei nicht zu beanstanden.

Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen habe das BfV in Gutachten und zugehörigen Materialsammlungen belegt, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die AfD habe diesen Belegen lediglich „pauschales Bestreiten“ entgegen gesetzt. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes beruhe insgesamt auf einer „nicht zu beanstandenden Gesamtbetrachtung“, erklärte die Kammer.

Im Fall der Jungen Alternative gebe es ebenfalls „ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“. Sowohl im offiziell aufgelösten sogenannten Flügel als auch in der Jungen Alternative sei „ein ethnisch verstandener Volksbegriff ein zentrales Politikziel“. Die Einstufungen von AfD und Nachwuchsorganisation als Verdachtsfälle dürften darüber hinaus auch öffentlich mitgeteilt werden, um eine politische Auseinandersetzung zu ermöglichen. Auch dies hatte die AfD mit ihren Klagen verhindern wollen.

Was die Einstufung des Flügels als Verdachtsfall betrifft, war die AfD teilweise erfolgreich. Zwar entschied das Gericht, dass der Verfassungsschutz den Flügel weiterhin als Verdachtsfall einstufen darf. Eine Einstufung als sogenannte gesichert extremistische Bestrebung sei inzwischen – nach der offiziellen Auflösung des Flügels – hingegen unzulässig. Ob die Bewegung weiterhin existiert, ist laut Verfassungsschutz unklar. Für eine solche Einstufung brauche es jedoch Gewissheit, erklärte das Gericht.

Mit einer vierten Klage hatte die AfD öffentliche Mitteilungen des Verfassungsschutzes darüber verhindern wollen, der Flügel habe 7000 Mitglieder. Das hatte die Behörde in einer entsprechenden Pressemitteilung erklärt. Diese Mitteilung sei unzulässig, befand das Gericht. Eine sachgerechte Schätzung reiche für eine öffentliche Verlautbarung nicht aus.

Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die insgesamt vier Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BfV. Gegen die Urteile kann jeweils Berufung eingelegt werden, über die das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde. Wegen seiner Größe fand das Verfahren statt im Gerichtsgebäude in der Kölner Messe statt. Für die AfD nahm unter anderem Bundessprecher Tino Chrupalla teil.

Bei einer Einstufung als Verdachtsfall dürfen geheimdienstliche Mittel zur Beobachtung eingesetzt werden. Darunter fallen etwa Observationen oder das Sammeln von Informationen über sogenannte V-Leute. Bisher verzichtete der Verfassungsschutz auf diese Maßnahmen.

Chrupalla zeigte sich über die Gerichtsentscheidung zur Einstufung am Abend „überrascht“. „Wir teilen die Auffassung des Kölner Verwaltungsgerichts nicht, wir hatten uns ein anderes Ergebnis erhofft“, erklärte er. Die AfD wolle nun „die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und diese sorgsam prüfen und dann entscheiden, ob wir weitere Rechtsmittel einlegen werden“.

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