Für viele Franzosen ist es ein Grund zur Osterfreude: Der Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame geht gut voran. An diesem Karfreitag jährt sich zum dritten Mal der verheerende Brand, bei dem der spitze Vierungsturm in Flammen vom Dach stürzte und der Einsturz der Glockentürme nur knapp verhindert wurde. Die Renovierung von vier großen Glasfenstern beginnt demnächst in der Kölner Dombauhütte.
An den Moment vor drei Jahren, als dicke Rauchwolken über der Innenstadt aufstiegen, kann sich vermutlich jeder Pariser erinnern. Der Brand der Kathedrale, die nicht nur Katholiken heilig ist, sondern auch zur französischen Identität gehört, schockierte ganz Frankreich. Auch aus aller Welt gingen Spenden ein.
Noch bevor die Asche erkaltet war, kündigte Präsident Emmanuel Macron an, dass Notre-Dame innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werden sollte – „schöner als zuvor“. Das Zieldatum verband er mit den Olympischen Spielen 1924 in Paris.
Inzwischen sind die Wände weitgehend vom Ruß befreit. Experten haben neun Steinbrüche im Großraum Paris ausgemacht, wo derzeit mächtige Blöcke herausgesägt werden, um die beschädigten Gewölbe zu reparieren. Insgesamt sind 1000 Kubikmeter Steinblöcke für den Wiederaufbau nötig.
Die etwa 1000 Eichen, die für die Rekonstruktion des mittelalterlichen Dachstuhls und des Dachreiters aus dem 19. Jahrhundert gefällt wurden, werden zurzeit zu massiven Balken verarbeitet. Die Orgel mit ihren 8000 Orgelpfeifen ist abgebaut und wird in mehreren Werkstätten restauriert.
Auch der deutsche Beitrag zur Restaurierung nimmt allmählich Gestalt an. Knapp eine halbe Million Spenden waren aus Deutschland für Notre-Dame zusammengekommen. Damit sollen in Köln vier der verrußten und von der Hitze gesprungenen Glasfenster restauriert werden.
„Die Fenster müssen erst einmal vom Bleistaub befreit werden“, erklärt die ehemalige Leiterin der Dombauhütte, Barbara Schock-Werner, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Dies geschehe nicht in der Werkstatt, sondern in einem eigenen Zelt. „Dafür werden Spezialsauger und besondere Filter eingesetzt“, erläutert sie. Sobald die Fenster dekontaminiert seien, würden sie der Öffentlichkeit gezeigt.
Die vier Fenster stammen von dem Künstler Jacques le Chevallier und wurden 1966 eingebaut. Ihr Motiv erinnert an ein unregelmäßiges Karo-Muster. Bereits im kommenden Sommer sollen sie wieder in die Pariser Kathedrale zurückkehren.
Schock-Werner sieht den ehrgeizigen Zeitplan des französischen Präsidenten mit Skepsis. „Das Problem ist, dass die Gewölbe noch feucht sind vom Löschwasser“, sagt sie. „Sie müssten eigentlich länger trocknen, sonst wird bald die nächste Renovierung fällig.“
Der frühere Generalstabschef Jean-Louis Georgelin, den Macron mit der Leitung des Wiederaufbaus beauftragt hat, verteilt derweil Aufträge an Spezialisten im ganzen Land. „Ich freue mich sehr, dass ganz Frankreich Anteil am Schicksal von Notre-Dame nimmt“, sagt er. Chef-Architekt Philippe Villeneuve geht seine Aufgabe mit so viel Leidenschaft an, dass er sich den abgebrannten Dachturm auf den Arm tätowieren ließ.
Vor dem Brand wurde an Karfreitag in Notre-Dame die Reliquie der Dornenkrone gezeigt, die von Katholiken als Symbol für das Leiden Jesu verehrt wird. In diesem Jahr soll es stattdessen mittags ein Friedensgebet auf dem Vorplatz der Kathedrale geben. Am Nachmittag hat sich Macron, der kurz vor der entscheidenden Runde der Präsidentschaftswahl um jede Stimme kämpft, für einen Baustellenbesuch angekündigt.