„Spiegel“: Steinmeier erwägt Reise nach Kiew

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - Bild: Achim Melde/Bundestag
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - Bild: Achim Melde/Bundestag

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwägt laut einem Bericht des „Spiegel“ eine baldige Reise nach Kiew. „In kaum einer Hauptstadt war ich häufiger als in Kiew“, sagte Steinmeier dem Magazin. „Ich werde auch in Zukunft alles in meinen Kräften Stehende tun, um die Ukraine zu unterstützen. Selbstverständlich gehören dazu auch weitere Besuche.“

Seit Kriegsbeginn war noch kein Spitzenpolitiker aus Deutschland in Kiew, auch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurden bislang keine entsprechenden Pläne bekannt. Dagegen reisten Regierungschefs einiger anderer europäischer Länder bereits in die ukrainische Hauptstadt, um ihre Solidarität mit dem von Russland überfallenen Land zu unterstreichen. An diesem Freitag gab EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter bekannt, sie sei gemeinsam mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell per Zug zu Gesprächen nach Kiew unterwegs.

Steinmeier sagte dem „Spiegel“ mit Blick auf jüngste Vorwürfe des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, gegen ihn, er bedauere, wenn man in dem Land sein politisches Erbe kritisch sehe. „Wenn das so wäre, würde es mich sehr traurig machen“, sagte der Bundespräsident und einstige Außenminister.

„Wahrscheinlich hat mich kein anderes Land in meinem politischen Leben so beschäftigt wie die Ukraine“, hob Steinmeier hervor. Beispielsweise habe er 2007 während der damaligen deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Verhandlungen über ein EU-Assoziierungsabkommen mit der ukrainischen Seite gestartet „und dann erleben müssen, wie Russland es in den Jahren danach zerstören wollte“.

Mit Blick auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine forderte Steinmeier, die dafür politisch Verantwortlichen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zur Rechenschaft zu ziehen. Laut „Spiegel“ bezog der Bundespräsident dies ausdrücklich auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin und auf Außenminister Sergej Lawrow. „Alle, die für diese Verbrechen Verantwortung tragen, werden sich rechtfertigen müssen“, zitierte ihn das Magazin.

Die Bilder etwas aus der ukrainischen Stadt Butscha seien furchtbar, er könne „sie kaum ertragen“, sagte Steinmeier. „Sie verdichten noch einmal, was der verbrecherische Überfall Russlands auf die Ukraine bedeutet.“ Der Bundespräsident räumte auch erneut eine persönliche Fehleinschätzung ein. So habe er nicht mit dem Überfall auf die Ukraine gerechnet. „Ich bin nicht davon ausgegangen, dass der russische Präsident den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin seines Landes riskiert in einem imperialen Wahn.“

Gleichwohl verteidigte der Bundespräsident in dem Interview seine bisherige Russland-Politik. „Ich zähle mich zu denjenigen, die ein politisches Leben lang dafür gearbeitet haben, dass der Krieg nie mehr nach Europa zurückkehrt.“ Dies sei nicht gelungen. „Aber waren deswegen die Ziele falsch?“, fragte er. Auch sei er angesichts der zunehmend aggressiven Politik Russlands nicht naiv gewesen. Ein Fehler sei allerdings seine lange Unterstützung für das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2 gewesen.

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