Wasserkopf bei Kindern hat oft andere Ursachen als bislang angenommen

Hirnuntersuchung
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Der sogenannte Wasserkopf hat bei Kindern oft ganz andere Ursachen als bislang angenommen. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Studie der Universitäten Yale, Harvard und Bonn, wie die Uni Bonn am Montag mitteilte. Auslöser ist demnach oft eine gestörte Hirnentwicklung. Die Forschenden identifizierten eine Reihe von Mutationen, die zu einer Störung der frühen Hirnentwicklung führen. Die charakteristischen Erweiterungen der flüssigkeitsgefüllten Hohlräume im Gehirn sind eine Folge davon. Die Studie erschien in der Fachzeitschrift „Nature Neuroscience“.

Eines von tausend Kindern kommt mit einem sogenannten Wasserkopf zur Welt. Die Erkrankung ist der häufigste Grund für eine Hirnoperation im Kindesalter. Dennoch leiden die Betroffenen oft lebenslang unter geistigen und motorischen Einschränkungen. Beim Hydrocephalus, so der fachsprachliche Begriff, sind die flüssigkeitsgefüllten Hohlräume im Gehirn deutlich vergrößert. Dadurch ist der Schädelinnendruck erheblich erhöht.

Als Ursache werden Störungen des Hirnwasserhaushalts vermutet. Dieser sogenannte Liquor durchspült das Gehirn und entfernt dabei unter anderem Schadstoffe. Außerdem schützt er wie ein Polster das Denkorgan vor Stößen. „Bislang dachte man, dass bei einem Wasserkopf zu viel Liquor gebildet oder zu wenig abgeführt wird oder dass einfach sein Weitertransport gestört ist“, erklärte Waldemar Kolanus von der Universität Bonn. „Unsere Ergebnisse weisen nun jedoch in eine andere Richtung.“

Das Leiden ist bei Kindern meist genetisch bedingt. Welche Erbanlagen dafür verantwortlich sind, ist aber nur zum Teil bekannt. Die Forschenden aus Harvard und Yale sequenzierten daher das Genom von fast 500 Patientinnen und Patienten und verglichen es mit dem Erbgut Gesunder.

Dabei stießen sie auf 93 Gene, in denen Veränderungen zu einem Hydrocephalus führen. Keines dieser Gene sei in irgendeiner Form an Liquor-Produktion oder -Transport beteiligt, betonte Stefan Weise, einer der beiden Erstautoren der Studie. Stattdessen scheinen sie vor allem mit der Hirnentwicklung zu tun zu haben.

Eine Erbanlage, die bei Betroffenen besonders oft verändert war, ist das Gen TRIM71. Die Forschenden untersuchten die gefundenen Mutationen in diesem Gen an Mäusen, die Tiere entwickelten daraufhin ebenfalls einen Wasserkopf.

Beim angeborenen Hydrocephalus entstehe der Schaden offenkundig nicht durch den erhöhten Druck, sondern schon viel früher, bei der Entwicklung des Gehirns im Mutterleib. Diese Erkenntnis könne auch Konsequenzen für die Behandlung haben.

So ist das operative Einsetzen eines sogenannten Shunt-Systems, durch welches das überschüssige Hirnwasser abgeleitet werden kann, nicht ohne Risiken – und vermutlich bei Kindern „nicht in allen Fällen sinnvoll“, erklärte Kolanus.

In Zukunft könnte es zudem möglich sein, den Wasserkopf schon vor der Geburt durch einen Gentest zu diagnostizieren. Mit einem frühzeitigen gezielten Training ließen sich dann womöglich manche Schäden verhindern. Heilbar ist das Leiden noch nicht.

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