Baden-Württemberg warnt vor Scheitern des Neun-Euro-Tickets im Bundesrat

Winfried Hermann - Bild: Sebastian Berger/BW
Winfried Hermann - Bild: Sebastian Berger/BW

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat vor einem Aus für das Neun-Euro-Ticket im Bundesrat gewarnt: Wenn der Bund nicht bereit sei, die Mittel für den Nahverkehr zu erhöhen, „könnte das Gesamtpaket Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket im Bundesrat scheitern“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Montagsausgabe). Vor allem die FDP nehme den Warnruf der Länder wegen drohender Finanzprobleme nicht ernst.

Gelten soll das Ticket für jeweils neun Euro pro Monat bundesweit im ÖPNV für den Zeitraum Juni, Juli und August. Der Bund will die prognostizierten Ticket-Mindereinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro den Ländern vollständig erstatten. Die Länder dringen aber auf mehr Geld vom Bund auch über die erwarteten Einnahmeausfälle durch die zeitweilige Absenkung der Ticketpreise hinaus – unter anderem wegen der höheren Energiepreise für die Verkehrsbetriebe.

„Alle Bundesländer, unabhängig von den Koalitionsfarben, haben gemeinsam klargemacht, dass die grundsätzlichen Finanzierungsprobleme des ÖPNV durch das Neun-Euro-Ticket nicht gelöst werden“, sagte Hermann der „Süddeutschen“ weiter. Ohne eine Erhöhung der Bundesmittel zum Ausgleich für extrem gestiegene Kosten werde der Sonderrabatt im Sommer „in Ticketpreissteigerungen danach enden. Aus Werbung für den öffentlichen Verkehr würde Abschreckung.“

Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), derzeit Vorsitzende der Landesverkehrsministerkonferenz, nannte es „bedauerlich, aber auch nachvollziehbar, dass mit Bayern jetzt das erste der CDU/CSU-geführten Länder dem Neun-Euro-Ticket im Bundesrat nicht zustimmen will“. Sie kritisierte in der „Süddeutschen“ vor allem die FDP im Bund: „Es kann nicht sein, dass die FDP mit reiner Klientelpolitik die Verkehrswende blockiert.“ Wenn das Neun-Euro-Ticket, an das hohe Erwartungen der Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland geknüpft seien, jetzt kippe, müsse das Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) verantworten.

Der Minister hatte die Kritik zuletzt am Freitag zurückgewiesen. Der Vorwurf, dass die Länder auf einem Teil der Kosten sitzen blieben, stimme nicht, sagte Wissing im ARD-„Morgenmagazin“. „Der Bund übernimmt die vollen Kosten“.

Der Wunsch der Länder, langfristig und dauerhaft mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr zu bekommen, sei eine andere Sache. Darüber werde derzeit in einer Arbeitsgruppe gesprochen, die bis Herbst einen Vorschlag zur Finanzierung erarbeiten solle. „Die Dinge kann man nicht vermischen.“

Das Ticket ist Teil des Entlastungspakets für die Bürgerinnen und Bürger, das die Bundesregierung zur Abfederung der enorm gestiegenen Energiekosten beschlossen hat. Vorgesehen sind unter anderem auch die befristete Absenkung der Steuer auf Kraftstoffe und eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle Einkommensteuerpflichtigen. Der Bundesrat soll am Freitag über das Paket abstimmen.

SPD-Fraktionsvize Detlef Müller warnte die Länder vor einem Veto: „Die Menschen freuen sich auf das Ticket, und alles andere als dessen schnelle Einführung zum 1. Juni aus taktischen Spielchen würde großen Frust produzieren“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). „Die Unternehmen haben enorme Anstrengungen unternommen, dass das Ticket ein Erfolg wird, die Finanzierung ist gesichert, daher wäre ein Scheitern im Bundesrat an erster Stelle für die Länder peinlich.“

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