Der Einzelhandel mit Fahrrädern hat im Jahr 2022 mehr Umsatz erwirtschaftet. Zum Vorjahr stieg er preisbereinigt um 2,4 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch mit. Gegenüber dem Rekordjahr 2020 setzte der Fahrrad-Einzelhandel 2022 allerdings preisbereinigt 0,7 Prozent weniger um.
Im ersten Corona-Jahr 2020 hatte der Einzelhandel mit Fahrrädern das größte Umsatzplus (+32,4 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994 erzielt. Trotz weltweiter, sich erst allmählich entspannender Lieferkettenprobleme, deutlich gestiegener Verbraucherpreise und der damit einhergehenden Kaufzurückhaltung konnte sich die Fahrradbranche im vergangenen Jahr positiv entwickeln. Zum Vergleich: Im Einzelhandel insgesamt (ohne den Handel mit Kraftfahrzeugen) sanken die Umsätze 2022 real um 0,7 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2021. Dies war der erste reale Umsatzrückgang im Einzelhandel insgesamt seit dem Jahr 2009.
Deutlich mehr unmotorisierte Fahrräder produziert
Auch wenn immer mehr Menschen vom klassischen Fahrrad auf ein E-Bike umsteigen, wurden 2022 in Deutschland deutlich mehr unmotorisierte Fahrräder produziert als in den Jahren zuvor. Im vergangenen Jahr stieg die Produktion nach vorläufigen Zahlen auf knapp 1,7 Millionen Stück und lag damit deutlich über dem Niveau der ersten Corona-Jahre 2020 (1,3 Millionen Stück) und 2021 (1,4 Millionen Stück). Der Gesamtwert der hierzulande hergestellten Räder ohne Motor betrug 2022 gut 1,0 Milliarden Euro – ein Plus von 30,7 Prozent gegenüber 2021 (knapp 0,8 Milliarden Euro).
Der Umsatz des Fahrrad-Einzelhandels in Deutschland ergibt sich jedoch nicht ausschließlich aus der heimischen Produktion, umgekehrt sind nicht alle in Deutschland produzierten Fahrräder für den Absatz auf dem heimischen Markt bestimmt, so die Behörde. Ein beträchtlicher Teil an Fahrrädern und vor allem auch an einzelnen Komponenten und Zubehör kommt aus dem Ausland. Im Jahr 2022 wurden gut 3,0 Millionen unmotorisierte Fahrräder im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro importiert.
Meisten Fahrräder stammten aus Kambodscha, Bangladesch und Polen
Die meisten dieser Fahrräder stammten aus Kambodscha (22,0 Prozent), Bangladesch (11,9 Prozent) und Polen (7,5 Prozent). Die Importe von E-Bikes und Pedelecs mit einer Motorleistung von bis zu 250 Watt lagen bei knapp 1,5 Millionen Stück und hatten einen Wert von rund 1,7 Milliarden Euro. Sie kamen vor allem aus Bulgarien (17,3 Prozent), Vietnam (13,4 Prozent) und den Niederlanden (9,6 Prozent).
E-Bikes und Pedelecs mit einer Nenndauerleistung von bis zu 250 Watt sind verkehrsrechtlich normalen Fahrrädern gleichgestellt und daher führerschein- und versicherungsfrei. Darüber hinaus wurden im vergangenen Jahr auch rund 90.700 Tonnen Teile, Komponenten und Zubehör für Fahrräder nach Deutschland importiert. Das waren 13,3 Prozent mehr als im Jahr 2021 (80.000 Tonnen).
Der Wert der importierten Fahrradteile stieg auf gut 3,5 Milliarden Euro – ein Plus von 40,8 Prozent gegenüber 2021 (2,5 Milliarden Euro). Die deutschen Exporte ins Ausland fielen dagegen deutlich geringer aus als die Importe: Exportiert wurden im vergangenen Jahr 940.000 fertige Räder ohne Motor im Wert von knapp 0,9 Milliarden Euro, 579.000 E-Bikes im Wert von knapp 1,2 Milliarden Euro und 27.800 Tonnen Teile und Zubehör für Fahrräder im Wert von rund 0,8 Milliarden Euro, so das Bundesamt. Im Jahr 2022 sind sowohl die Preise für klassische Fahrräder (+6,8 Prozent) als auch die Preise für E-Bikes oder Pedelecs (+6,2 Prozent) gegenüber dem Jahr 2021 ähnlich stark gestiegen wie die Verbraucherpreise insgesamt (+6,9 Prozent).
Fahrradinspektion verteuerte sich deutlich
Die Fahrradinspektion verteuerte sich im selben Zeitraum um 9,8 Prozent. Im Jahr 2021 hatten gestiegene Produktionskosten, die anhaltend hohe Nachfrage und das begrenzte Angebot infolge von Lieferengpässen zu überdurchschnittlichen Preissteigerungen bei Fahrrädern und Co. geführt: 2021 waren klassische Räder 6,3 Prozent, E-Bikes oder Pedelecs 5,1 Prozent und die Fahrradinspektion 7,4 Prozent teurer als im Corona-Jahr 2020, während die Inflationsrate noch bei +3,1 Prozent gelegen hatte. Gemessen an der Ausstattung privater Haushalte in Deutschland ist das Fahrrad eines der am meisten verbreiteten Fortbewegungsmittel überhaupt.
Gut 78 Prozent der Haushalte hatten 2022 mindestens ein Fahrrad ohne oder mit Motor, in knapp 16 Prozent der Haushalte gab es ein E-Bike oder Pedelec. Das waren insgesamt rund 69,0 Millionen Zweiräder – knapp 60,6 Millionen ohne und 8,4 Millionen mit Elektromotor. Dabei werden klassische Fahrräder von immer mehr E-Bikes oder Pedelecs abgelöst: 2022 war etwa jedes achte Zweirad ein Elektrorad (rund 12 Prozent).
Als die motorbetriebenen Modelle im Jahr 2014 erstmals gesondert erfasst wurden, gab es in den privaten Haushalten noch rund 66,7 Millionen klassische Räder und knapp 1,6 Millionen E-Bikes, was einem Anteil von gut 2 Prozent entsprach. Mehr Technik am und mehr Elektronik im Fahrrad – dieser Trend zeichnet sich auch in den Ausbildungsberufen der Branche ab. Ab 2014 wurde der Beruf Zweiradmechaniker und Zweiradmechanikerin abgelöst von der neuen Ausbildungsordnung zum Zweiradmechatroniker.
In diesem Beruf mit der Fachrichtung Fahrradtechnik hat die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2021 einen neuen Höchststand von 858 erreicht. 2008 hatten noch 294 angehende Zweiradmechaniker einen solchen Ausbildungsvertrag abgeschlossen. Dagegen lag die Zahl der Neuabschlüsse im Beruf Fahrradmonteur 2021 bei 270. Im Jahr 2008 hatten noch 393 Menschen diese Ausbildung angetreten, so die Statistiker.