Nach der Ankündigung von zehn Bundestagsabgeordneten der Linken um Sahra Wagenknecht, ihre Fraktion Anfang 2024 zu verlassen, ringt das Parlament um den Umgang mit diesem beispiellosen Fall. Der Bundestag muss klären, wie es mit dem Plan der Mitglieder des Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) umgeht, eine Gruppe im Parlament zu bilden.
„Wenn es zur Auflösung der Fraktion Die Linke kommt und sich ein Teil der bisherigen Fraktion zu einer Gruppe zusammenschließt, dann muss der Bundestag über Status und Rechte einer solchen Gruppe entscheiden“, sagte Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel (Mittwochs-Ausgabe).
Die AfD will „den Abgeordneten der Fraktion DIE Linke in Zukunft – wie immer sie sich organisieren – zugestehen, was ihnen nach der Geschäftsordnung des Bundestages zusteht“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann dem Tagesspiegel. Das gelte für die Redezeit im Plenum wie für infrage stehende Positionen. „Gründe für darüber hinaus gehende Sonderregelungen erschließen sich uns nicht.“
Die Fraktionen von Union, SPD und Grünen äußerten sich zu diesen Fragen nur ausweichend. Petra Pau kann nach Ansicht des Bundestages auch nach einem Wegfall des Linken-Fraktionsstatus Vizepräsidentin des Parlamentes bleiben. Entsprechend äußerte sich ein Sprecher von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) auf Tagesspiegel-Anfrage.
Laut Geschäftsordnung des Bundestages wählt der Bundestag „den Präsidenten und seine Stellvertreter für die Dauer der Wahlperiode“, sagte der Bundestags-Sprecher dem Tagesspiegel: „Das heißt, die Vizepräsidenten behalten ihr Amt, auch wenn sich ihre Fraktion auflösen sollte.“ So wird auch in den Fraktionen von SPD und FDP argumentiert. „Frau Pau ist als Vizepräsidentin des Bundestages für eine volle Wahlperiode gewählt. Ihre Funktion steht aus meiner Sicht nicht infrage, sollte die Linke ihren Status als Fraktion verlieren“, sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Thomae dem Tagesspiegel. Unklar ist die Zukunft des bisherigen Linken-Abgeordneten Klaus Ernst in seiner Funktion als Vorsitzender des Energie- und Klimaausschusses im Bundestag. Die Ausschüsse bestimmten ihre Vorsitze nach den Vereinbarungen im Ältestenrat, sagte ein Bundestags-Sprecher.
Ernst habe „auf dieser Grundlage das Amt des Ausschussvorsitzes inne, solange keine Abberufung erfolgt“. Die Bundestags-Geschäftsordnung enthalte „keine Regelung, die für den Fall, dass ein Ausschussvorsitzender aus seiner Fraktion austritt bzw. seine Fraktion ihren Status verliert, einen automatischen Verlust des Amtes des Ausschussvorsitzes vorsieht“.