Bayern steht zur Impfpflicht in Pflege und Gesundheit, drängt aber auf Nachbesserungen des Bundes für die Umsetzung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe): „Wir sind für die Impfpflicht – sowohl für die einrichtungsbezogene als auch die allgemeine. Daran hat sich nicht das Geringste geändert.“ Für Nachbesserungen vor dem für den 15. März geplanten Inkrafttreten der Impfpflicht sei „noch Zeit“.
Söder sagte, die bisherigen Vorgaben seien „völlig unklar“, daher würden die Pflegeverbände auch Alarm schlagen. Der Bund habe bislang „keine praxistauglichen Vorgaben“ gemacht, wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt werden solle.
Bayern werde alle rechtlichen Übergangszeiten im Vollzug nutzen, bis die offenen Fragen geklärt seien, sagte Söder. „Es ist der dringende Appell an den Bund, nichts Unausgegorenes auf Biegen und Brechen durchzudrücken, sondern jetzt schnell nachzubessern. Bis 15. März ist dafür noch Zeit.“
„Der Vollzug ist einfach noch nicht geklärt“, sagte auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dem Bayerischen Rundfunk. In einer Erklärung fügte er hinzu: „Das Konzept der Bundesregierung ist praxisfern und unausgegoren.“ Es stelle Verbände, Träger und Kommunen vor große Herausforderungen. Bei der Umsetzung sei noch vieles unklar. „Darum fordert Bayern den Bund zu einem Umsetzungsmoratorium auf.“
SPD-Chef Lars Klingbeil warf Söder (CSU) vor, er stelle mit seinen öffentlichen Zweifeln an der Umsetzung der Impfpflicht parteipolitisches Kalkül vor die Gesundheit der Menschen. Klingbeil sagte Focus Online zu Söders Vorgehen: „Ich finde das dramatisch.“ Es sei „absolut unverantwortlich, was Markus Söder gerade mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht macht“.
In Baden-Württemberg beschloss der Koalitionsausschuss der grün-schwarzen Regierung derweil, die Regelung anzuwenden. „Wir setzen die einrichtungsbezogene Impfpflicht sachgerecht um“, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Die praktischen Probleme bei der Umsetzung seien bekannt, dafür müssten bestmögliche Lösungen gefunden werden. „Der Bund ist in der Pflicht, die offenen Fragen zügig zu klären.“
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, äußerte Verständnis für die Haltung Bayerns. „Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht stehen derzeit viele Umsetzungsprobleme im Vordergrund und auch die Sorge, dass die Durchsetzung zu weiteren Personalengpässen im Pflegebereich führen könnte“, sagte Mertens der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe).
Unterdessen setzte sich auch die Linke im Bundestag für Nachbesserungen ein. „Die Erarbeitung des Gesetzes war getrieben vom Aktionismus der Ampel“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Mit dem Kopf durch die Wand ist immer schlecht. Nötig sei „aktuell ein Prüfmoratorium“. Eine Reihe von rechtlichen Fragen sei offen. Zugleich kritisierte er Söders Ankündigung als „staatspolitisch inakzeptabel“.
Der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) forderte ein Moratorium für die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Bei einer Blitzumfrage unter den 1100 Mitgliedern des CBP habe innerhalb eines Tages mehr als jede zehnte Einrichtung angegeben, dass sie befürchtet, ihre Angebote nicht oder nicht vollständig aufrechterhalten zu können, wenn die zuständigen Gesundheitsämter Tätigkeitsverbote für die ungeimpften Mitarbeiter aussprechen.