Ökonomen warnen vor Inflation jenseits von fünf Prozent

Euro - Bild: Alf Melin/CC BY-SA 2.0
Euro - Bild: Alf Melin/CC BY-SA 2.0

Führende Wirtschaftsexperten rechnen wegen des Ukraine-Kriegs mit einer anhaltend hohen Inflation jenseits von fünf Prozent. Sollte es einen Lieferstopp für russisches Gas geben, sei mit einer noch deutlicheren Teuerung zu rechnen, warnten das Münchner Ifo-Institut sowie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erteilte einem Embargo für russische Energieimporte erneut eine Absage. Unterdessen beriet die Europäische Zentralbank (EZB) unter dem Eindruck der hohen Inflation über ihre künftige Geldpolitik.

Ifo-Chef Clemens Fuest sagte am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk, wenn es etwa einen Lieferstopp für russisches Gas geben würde, könnten es „deutlich mehr“ als fünf Prozent Inflation werden. Der Preisanstieg würde sich dann aber nicht nur auf das Öl beziehen, sondern „auch Lebensmittel verteuern sich“. Wirtschaftlich sei klar, dass die Kosten eines Lieferstopps „für uns relativ hoch wären“. Letztlich sei dies aber eine politische Entscheidung.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, ging noch einen Schritt weiter und warnte vor einer Teuerung von bis zu zehn Prozent. „Wahrscheinlich wird es im laufenden Jahr Inflationsraten von deutlich über fünf Prozent geben“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Im Fall einer Eskalation des Kriegs und immer neuer Sanktionen kann es sogar Richtung zehn Prozent gehen.“

Deutschland gerät angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zunehmend unter Druck, auf russisches Öl und Gas zu verzichten. Habeck erklärte dazu am Donnerstag nach einem Treffen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft, es sei das „Gebot der Stunde, uns aus der Abhängigkeit von fossilen Energien aus Russland zu befreien“.

Regierung und die Wirtschaft täten alles, diese Importabhängigkeit Schritt für Schritt zu reduzieren. „Wir diversifizieren die Importe, wir kaufen Gas, wir kümmern uns um Kohlevorräte, wir arbeiten an Partnerschaften mit anderen Ländern“, fuhr Habeck fort. Zudem werde der Ausbau der Erneuerbaren vorangetrieben.

Zugleich verteidigte der Minister den Widerstand der Regierung gegen ein Embargo für Importe aus Russland. Er warnte in diesem Fall vor schweren Wirtschaftsschäden. Sein Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) sagte dem Portal t-online, so verständlich die Forderung nach einem Embargo sei, es müssten auch „mögliche unerwünschte Nebenwirkungen solcher Schritte“ bedacht werden – etwa dass die Ölpreise dann stark stiegen und Russland sein Öl dann zu diesen höheren Preisen an andere Staaten verkaufe.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält einen vollständigen Gas-Lieferstopp für ein „unkalkulierbares Risiko“. Flüssiggas sei kurzfristig „nicht ausreichend verfügbar“ und es hapere am innereuropäischen Weitertransport. Auch der Energieverbrauch der Industrie lasse sich „kurzfristig kaum einschränken“, warnte das arbeitgebernahe Institut.

Die Europäische Zentralbank (EZB) berät am Donnerstag über ihre künftige Geldpolitik. Eine Ankündigung zu möglichen Leitzinserhöhungen noch in diesem Jahr galt bislang als möglich, der Krieg in der Ukraine könnte die EZB aber einen vorsichtigeren Kurs einschlagen lassen.

Ifo-Chef Fuest sagte mit Blick auf die EZB-Sitzung, das Beste wäre aus seiner Sicht, „abzuwarten, keine neuen Beschlüsse zu fassen, sondern bei dem bisherigen Kurs zu bleiben“. In einer Situation mit sehr hoher Unsicherheit sei es am besten, „wenn man sich alle Optionen offen hält“.

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