Die deutsche Übergangsregelung zur Abschiebehaft ist unter bestimmten Voraussetzungen mit EU-Recht vereinbar. Würden abzuschiebende Menschen in speziellen, abgetrennten Abteilungen gewöhnlicher Gefängnisse untergebracht, müssten die Grundrechte beachtet und möglichst verhindert werden, „dass diese Unterbringung einer Inhaftierung in einer Gefängnisumgebung gleichkommt“, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag. Es ging um die Klage eines Pakistaners gegen den niedersächsischen Landkreis Gifhorn. (Az. C‑519/209)
Er war während seiner Abschiebehaft in einer abgetrennten Abteilung der Justizvollzugsanstalt Hannover untergebracht, in der damals für einige Tage auch Strafgefangene saßen. Die Abschiebungsgefangenen trafen aber nicht mit ihnen zusammen.
In Deutschland gilt seit Mitte August 2019 bis Juli dieses Jahres eine Gesetzesänderung, derzufolge abzuschiebende Menschen auch in normalen Gefängnissen untergebracht werden können, allerdings getrennt von den übrigen Gefangenen. Eigentlich muss es für Abschiebegefangene laut EU-Recht spezielle Anstalten geben, sie dürfen nur im Ausnahmefall in gewöhnliche Gefängnisse.
Die Bundesrepublik berief sich bei der EU auf eine Notlage wegen einer außergewöhnlich hohen Zahl von Abschiebegefangenen. Das Amtsgericht Hannover, wo der Pakistaner klagte, legte dem EuGH die Sache vor. Dieser wog verschiedene Argumente gegeneinander ab und definierte die Voraussetzungen, unter denen die Unterbringung in einem normalen Gefängnis der Richtlinie entsprechen könne – nämlich wenn die Rechte der Abzuschiebenden trotzdem beachtet würden.
Ein nationales Gericht müsse aber prüfen können, ob tatsächlich eine Ausnahmesituation vorliege. Wenn nicht, dürfe es die nationale Regelung nicht anwenden, erklärte der EuGH weiter. Im konkreten Fall muss nun das Gericht in Hannover entscheiden. Es ist dabei an die Rechtsauslegung des EuGH gebunden.