Er gilt in Brüssel als umstritten, kann beim EU-Gipfel Ende der Woche aber dennoch auf eine Verlängerung seiner Amtszeit hoffen: EU-Ratspräsident Charles Michel. Der französische Europaminister Clément Beaune sagte am Dienstag nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel, es gebe seiner Kenntnis nach keinen anderen Kandidaten als den Belgier.
Der 46-jährige Michel dürfte von den Staats- und Regierungschefs also am Donnerstag oder Freitag für weitere zweieinhalb Jahre im Amt bestätigt werden. Der frühere belgische Regierungschef hat sich als Präsident des Europäischen Rates seit 2019 nicht nur Freunde gemacht. Als angespannt bezeichnen Insider sein Verhältnis zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Dabei wird nicht nur auf die „Sofagate“-Affäre in der Türkei verwiesen, sondern auch auf sehr unterschiedliche Charaktere. Bei einer gemeinsamen Reise mit von der Leyen zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte Michel im April vergangenen Jahres direkt neben Erdogan Platz genommen, während die deutsche Kommissionspräsidentin in einiger Entfernung auf einer Couch sitzen musste.
Hauptaufgabe des ständigen Ratspräsidenten ist die Leitung der EU-Gipfel, bei denen sich die 27 Staats- und Regierungschefs treffen. Der Posten wurde vor 15 Jahren mit dem Vertrag von Lissabon geschaffen, um der EU mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Michels Führungsstil wird von manchen in Brüssel als umständlich und langatmig kritisiert. Kleinere EU-Staaten loben dagegen, sie kämen unter dem Belgier ausführlicher zu Wort.