Der Papst küsst auf diesem Bild die Hand des Holocaust-Überlebenden Eliezer Grynfeld

Hunderte User haben ein Bild auf Facebook geteilt, dass Papst Franziskus beim Kuss der Hand eines Mitglieds der einflussreichen US-amerikanischen Rockefeller-Familie zeigen soll. Die Aufnahme zeigt das Oberhaupt der katholischen Kirche allerdings bei einem Israelbesuch 2014 in der dortigen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Der Papst hatte dort einem Überlebenden der NS-Zeit die Hand geküsst.

Über 800 User haben die Aufnahme des Papstes seit dem 2. April geteilt (hier). Bereits 2020 hatte sich das Bild auf Social Media verbreitet. Darauf ist der Papst in einer Gruppe an Männern zu sehen sowie der beschriebene Handkuss. Unter dem Foto stehen die Worte: „Wenn selbst der Papst den Rockefellern die Hand küsst, dürfte die Frage, wie die Welt funktioniert, geklärt sein.“ Auch die deutsche Presseagentur dpa hat diese Behauptung bereits überprüft.

Facebook-Screenshot: 06.04.2021

Der Name Rockefeller dient als Grundlage zahlreicher Verschwörungsmythen. Im Zentrum steht demnach der 2017 verstorbene US-Banker David Rockefeller Senior, dessen Privatvermögen auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt wird. Zusammen mit anderen einflussreichen Namen wie George Soros, Bill Gates oder der Rothschild Familie, so glauben Verschwörungsmythikerinnen und -mythiker, habe auch Rockefeller geheim an einer neuen Weltordnung gearbeitet. Oft folgen solche Mythen antisemitischen Denkmustern. Ein Handkuss des Papstes würde in solche Erzählungen passen. Es hat ihn aber nicht gegeben.

AFP hat zunächst eine Bildsuche zur gezeigten Aufnahme durchgeführt. Die Ergebnisse führten unter anderem zur Bilddatenbank der Foto-Agentur „european press photo agency“ (epa). Dort steht das Papstbild online und ist auf den 26. Mai 2014 datiert. In der Beschreibung heißt es: „Papst Franziskus (l.) küsst die Hand des Holocaus-Überlebenden Eliezer (Lolek) Grynfeld während einer Gedenkzeremonie in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, Israel (…) Papst Franziskus ist auf zweitägigem Besuch in Israel.“ Die Aufnahme findet sich auch noch in Datenbanken anderer Fotoagenturen mit derselben Datierung wieder (etwa hier). Auch zahlreiche Medien berichteten über den Besuch (hierhier).

Die Organisatoren von Yad Vashem selbst hatten damals einen Beitrag zum Papstbesuch auf der Website der Gedenkstätte gepostet. Auch auf anderen Fotos der Veranstaltung ist Eliezer Grynfeld gut zu erkennen, dem der Papst die Hand küsste. Über ihn schreibt Yad Vashem:

„Eliezer (Lolek) Grynfeld wurde 1923 in Lodz geboren, wo er eine jüdische Ausbildung erhielt und die polnische Schule besuchte. Im April 1940 wurde er mit seiner Mutter und seinen Großeltern gezwungen, in das Ghetto von Lodz zu ziehen, wo seine Großeltern starben und begraben wurden. Eliezer arbeitete im Krankenhaus des Ghettos in unterschiedlichen Bereichen, u.a. als Nachrichtenkurier und Sekretär. Während der Liquidierung des Ghettos im August 1944, wurde Eliezer zur Zwangsarbeit eingeteilt und daraufhin zusammen mit seiner Mutter nach Sachsenhausen gebracht.“

AFP hat außerdem nach vergleichbaren Aufnahmen des Papstes gemeinsam mit Mitgliedern der Rockefeller-Familie gesucht und wurde nicht fündig. Ein Vergleich mit Fotos von Mitgliedern der Rockefeller-Familie zeigte außerdem, dass es sich beim im aktuellen Foto gezeigten Mann um keines der Familienmitglieder handelt.

Fazit: Nein, der Papst hat auf diesem Bild nicht die Hand eines Rockefellers geküsst, sondern die eines Holocaust-Überlebenden. Die zugehörige Gedenkveranstaltung in Yad Vashem in Jerusalem ist mehrfach dokumentiert.

Anzeige



Anzeige

Über AFP Faktencheck 23 Artikel
Ein globales Netzwerk von über 100 AFP Faktencheck-Journalisten analysiert und bewertet die am häufigsten geteilten Bilder und Geschichten in sozialen Medien. AFP Faktenchecks sind unvoreingenommen und klären mit belegbaren Fakten auf. In ihren Faktenchecks beschreibt AFP ihre Methodik mit Abbildungen oder erklärt die im Prozess verwendeten Werkzeuge. AFP Faktenchecks enthalten Fotos, Videos und mehrere Quellen und ermöglichen so ihren Lesern, die Überprüfungen selbst transparent nachzuvollziehen und eigene Schlussfolgerungen über eine Falschinformation zu ziehen.