Biden will Wahlrechtsreform mit allen Mitteln durch den Senat bringen

Joe Biden - Bild: Weißes Haus/Adam Schultz
Joe Biden - Bild: Weißes Haus/Adam Schultz

Im Streit um weitgehende Wahlrechtsreformen hat US-Präsident Joe Biden den Ton drastisch verschärft und gefordert, notfalls eine zentrale Regel des Senats zu ändern. Biden sagte am Dienstag bei einer Rede im Südstaat Georgia, sollten die oppositionellen Republikaner die beiden Gesetzesvorhaben in der Kongresskammer blockieren, müsse eine als Filibuster bekannte Abstimmungsregel aufgehoben werden.

„Die Bedrohung für unsere Demokratie ist so groß, dass wir einen Weg finden müssen, diese Wahlrechtsgesetze zu verabschieden“, sagte der US-Demokrat in der Stadt Atlanta. „Wenn das absolute Minimum blockiert wird, dann haben wir keine andere Wahl, als die Senatsregeln zu ändern, und das umfasst auch, den Filibuster dafür loszuwerden.“

Im Senat brauchen Gesetzesvorhaben eine „Super-Mehrheit“ von 60 der 100 Senatoren, um überhaupt zur Abstimmung zu kommen. Das bedeutet, dass die Opposition Texte mit einer Sperrminorität von 41 Stimmen blockieren kann. Bekannt ist das als Filibuster. Die Republikaner von Bidens Vorgänger Donald Trump nutzen ihre Sperrminorität derzeit, um im Oberhaus zwei von den Demokraten vorangetriebene Wahlrechtsreformen zu blockieren.

Das Wahlrecht sorgt in den USA seit Trumps Abwahl im November 2020 für erbitterte Kontroversen. Die Republikaner haben im vergangenen Jahr in 19 von ihnen regierten Bundesstaaten Änderungen des Wahlrechts beschlossen. Sie begründen dies mit angeblicher Betrugsanfälligkeit der bisherigen Wahlgesetzgebungen.

Die Demokraten und zahlreiche Experten werten dies hingegen als Versuch, Minderheiten wie Afroamerikanern, die mehrheitlich demokratisch wählen, das Wählen zu erschweren, und Republikanern einen größeren politischen Einfluss auf die Wahlen zu sichern. Die Demokraten haben zwei Gesetzesreformen auf Bundesebene vorgelegt, um dem Vorgehen der Republikaner einen Riegel vorzuschieben.

Ein Gesetz namens „Freedom to Vote Act“ (etwa: Gesetz für die Freiheit zu wählen) soll landesweite Standards für Wahlen festlegen. So soll der Wahltag ein Feiertag werden, außerdem soll das Recht auf Briefwahlen und eine Stimmabgabe vor dem eigentlichen Wahltag garantiert werden. Mit dem Gesetz soll auch eine politische Einflussnahme der Parteien auf die Wahlen verhindert werden.

Ein nach dem verstorbenen schwarzen Abgeordneten und Bürgerrechtsaktivisten John Lewis benanntes Gesetz soll zudem die Diskriminierung von Minderheiten – insbesondere Afroamerikanern – bei Wahlen verhindern. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, kündigte an, das Oberhaus könnte sich schon am Mittwoch mit den Reformen befassen.

Biden sprach am Dienstag mit Blick auf die Gesetze von einem „Wendepunkt“ in der US-Geschichte. „Werden wir die Demokratie der Autokratie vorziehen, das Licht dem Schatten, die Gerechtigkeit der Ungerechtigkeit? Ich weiß, wo ich stehe. Ich werde nicht nachgeben. Ich werde nicht zurückweichen.“ Er werde „das Recht auf Wahlen und unsere Demokratie gegen alle Feinde im In- und Ausland verteidigen“.

Biden hatte lange davor zurückgeschreckt, sich für eine Einschränkung des Filibuster stark zu machen. Ohnehin ist nicht klar, ob den Demokraten das gelingen würde. Die 50 Senatoren der Demokraten müssten geschlossen für eine solche Regeländerung stimmen. Einige Vertreter des konservativen Parteiflügels haben aber Vorbehalte geäußert.

Die Republikaner werfen den Demokraten im Streit um den Filibuster und das Wahlrecht eine versuchte „Machtübernahme“ vor. Der Anführer der Konservativen im Senat, Mitch McConnell, sagte, die Demokraten wollten „Millionen von Amerikanern zum Schweigen bringen und den Senat übernehmen, um Einfluss auf die Wahlen zu gewinnen“.

McConnells Parteikollege Lindsey Graham warnte vor den Folgen einer Aussetzung des Filibuster. Bei geänderten Machtverhältnissen könnten dann auch die Republikaner zu einer solchen Maßnahme greifen. Derzeit stellen Demokraten und Republikaner jeweils 50 Senatoren. Bei Patt-Situationen gibt Vizepräsidentin Kamala Harris, die Kraft ihres Amtes auch Senatspräsidentin ist, mit ihrer Stimme den Ausschlag.

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