Kasachstans Präsident Tokajew erteilt den Schießbefehl gegen Demonstranten

Gewehr
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Angesichts der gewaltsamen Proteste in Kasachstan hat Präsident Kassym-Schomart Tokajew den Sicherheitskräften einen Schießbefehl erteilt. „Ich habe den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung tödliche Schüsse abzugeben“, sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache. Verhandlungen zur Beilegung der Krise schloss er aus. In Deutschland und der EU sorgte der Schießbefehl für Empörung, in China hingegen für Anerkennung.

„Ich habe den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung tödliche Schüsse abzugeben“, sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache. Almaty, die größte Stadt des Landes und dessen wirtschaftliches Zentrum, sei von „20.000 Banditen“ angegriffen worden. Die „Terroristen“ hätten einen klaren Plan gehabt und seien „bereit für den Kampf“ gewesen.

Kasachstan wird seit Tagen von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich jedoch zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land aus. Die Wut der Demonstranten richtet sich auch gegen den autoritären Ex-Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der weiterhin als höchst einflussreich gilt.

„Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen“, erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) dazu auf Twitter. „Ich verfolge die Lage in Kasachstan mit großer Sorge“, sagte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris. Macron mahnte ebenfalls zur „Deeskalation“.

Der chinesische Präsident Xi Jinping lobte hingegen ausdrücklich Tokajews Reaktion: „Sie haben in kritischen Momenten starke Maßnahmen ergriffen und die Situation schnell beruhigt“, schrieb Xi nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua an seinen kasachischen Kollegen. Kasachstan grenzt an den Nordwesten Chinas.

AFP-Reporter berichteten von einem Bild der Zerstörung in Almaty, mit von Flammen geschwärzten Gebäudefassaden, verkohlten Fahrzeugwracks und Blutlachen und Patronenhülsen auf dem Boden. Die Räumlichkeiten mehrerer Fernsehsender waren zerstört, Rathaus und Präsidentensitz in Brand gesetzt worden.

Nach Regierungsangaben wurden 26 „bewaffnete Kriminelle“ getötet und mehr als tausend weitere Demonstranten verletzt. Auf Seiten der Sicherheitskräfte gab es demnach 18 Tote und fast 750 Verletzte. Mehr als 3800 Demonstranten seien festgenommen worden. Bestätigungen von unabhängiger Seite oder Angaben aus anderer Quelle lagen zunächst nicht vor.

Das kasachische Innenministerium teilte mit, alle Regionen des Landes seien „befreit und unter verstärkten Schutz gestellt“ worden. Der „Anti-Terroreinsatz“ werde aber fortgesetzt, sagte Staatschef Tokajew. Er bezichtigte „die freien Medien und bestimmte Personen im Ausland“, zu den Protesten angestachelt zu haben. Aufrufe, mit den Protestierenden über eine friedliche Lösung zu verhandeln, bezeichnete er als „absurd“.

Tokajew begrüßte die am Donnerstag eingetroffenen Einheiten des von Russland angeführten Militärbündnisses Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS). „Mein besonderer Dank gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin“, sagte Tokajew. Nach russischen Angaben landeten russische Fallschirmjäger in Almaty und halfen bei der Sicherung des Flughafens. Laut russischen Medienberichten beläuft sich die russische Beteiligung an dem Einsatz auf weniger als 5000 Soldaten.

Die USA warnten Russland vor Menschenrechtsverletzungen in Kasachstan. Auch dürfe Moskau nicht die Institutionen des Landes „übernehmen“. Die Bundesregierung hoffe, „dass die Beteiligten dort ihrer Verantwortung gerecht werden“, sagte eine Berliner Regierungssprecherin mit Blick auf die russischen Truppen.

Der in Frankreich im Exil lebende kasachische Oppositionspolitiker Muchtar Abliasow kritisierte den russischen Militäreinsatz in seinem Heimatland als „Besatzung“. Putin arbeite an der „Wiederherstellung der alten UdSSR“. Die Proteste wertete der 53-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP als „Revolution“. Es sei nun eine Frage der Zeit, bis das derzeitige Regierungssystem in Kasachstan sein Ende finden werde.

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