Mattarella mit großer Mehrheit als Staatschef Italiens wiedergewählt

Sergio Mattarella - Bild: Crozet / Pouteau
Sergio Mattarella - Bild: Crozet / Pouteau

Nach tagelangem politischen Gezerre haben Italiens Parteien Präsident Sergio Mattarella für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Der 80-Jährige hatte sich am Samstag überraschend zu einer weiteren Amtszeit bereiterklärt, nachdem das Wahlgremium sich zuvor in sieben Wahlgängen nicht auf einen Kandidaten hatte einigen können. Am Samstagabend stimmten schließlich 759 von 1009 Mitgliedern des Wahlgremiums und damit deutlich mehr als notwendig für Mattarella.

Mattarella hatte sein Amt eigentlich Anfang Februar aufgeben wollen. Nach sieben vergeblichen Wahlgängen und um weiteres politisches Chaos zu verhindern, gab der 80-Jährige schließlich nach: „Ich hatte andere Pläne, aber wenn es nötig ist, stehe ich zur Verfügung“, sagte er den Fraktionschefs vor seiner Wahl.

Mattarella soll in den kommenden Tagen vereidigt werden. Beobachter gehen davon aus, dass er nicht die volle siebenjährige Amtszeit im Quirinalspalast bleiben wird, mindestens jedoch bis nach der Parlamentswahl im kommenden Jahr.

Nach der Bestätigung Mattarellas im achten Wahlgang gab es im Parlament lang anhaltenden Applaus. Ministerpräsident Mario Draghi sprach von einer „wundervollen Nachricht für die Italiener“.

Draghi galt lange selbst als Favorit für Mattarellas Nachfolge. Doch befürchteten viele, ein Wechsel des ehemaligen Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB) nach knapp einem Jahr von der Regierungs- an die Staatsspitze könnte die Regierungskoalition der nationalen Einheit vor eine Zerreißprobe stellen und zu politischem Chaos und Instabilität in der drittgrößten Wirtschaftsmacht der Eurozone führen.

Italien erholt sich gerade erst langsam von einer durch den Corona-Lockdown ausgelösten Rezession. EU-Hilfen im Volumen von fast 200 Billionen Euro sind an die Einhaltung eines straffen Reform-Zeitplans gekoppelt. Internationale Investoren fürchteten, ein Ausstieg Draghis aus der Regierung könne den Aufschwung jäh abwürgen.

Der ehemalige Verfassungsrichter Mattarella hat bereits eine turbulente siebenjährige Amtszeit hinter sich, in der er mit fünf verschiedenen Regierungen und den verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie konfrontiert war. Heute wird der in Palermo geborene Christdemokrat von Politikern im gesamten politischen Spektrum geschätzt.

Italiens Präsident hat weitgehend repräsentative Funktionen, in politischen Krisenzeiten kann er jedoch großen Einfluss nehmen – so kann er das Parlament auflösen, einen neuen Ministerpräsidenten bestimmen oder zerbrechlichen Koalitionen das Mandat verweigern.

Die geheime Präsidentenwahl, bei der es keine offiziellen Kandidatenlisten gibt, hatte am Montag begonnen. Um das Verfahren zu beschleunigen, wurden seit Freitag zwei Wahlgänge pro Tag angesetzt. Bis Samstag blieben sieben Wahlrunden ohne Sieger, bis Mattarella dann in der achten bestätigt wurde.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte Mattarella. Er lobte den 80-Jährigen als „Vorbild“, weil er „sich in die Pflicht für das Gemeinwohl nehmen lässt und eigene Interessen hinten anstellt“. Auch Papst Franziskus würdigte Mattarellas „großzügige“ Bereitschaft, in einer unsicheren Zeit weiter im Präsidentenamt zu bleiben. Glückwünsche kamen zudem von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.

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