Eilantrag gegen Impfpflicht in Pflege und Medizin scheitert in Karlsruhe

Justiz (über cozmo news)
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Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die Impfpflicht in Pflege und Medizin abgelehnt. Die Nachteile, die den überwiegend im Gesundheitswesen tätigen Antragstellern durch die Impfpflicht drohten, seien weniger schwer als die Nachteile, die vulnerable Menschen bei einem Aussetzen der Regelung befürchten müssten, begründete das Gericht am Freitag in Karlsruhe seinen Beschluss. Das bedeutet noch nicht, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht grundsätzlich verfassungsmäßig ist – das muss noch im Hauptverfahren geprüft werden. (Az. 1 BvR 2649/21)

Ab dem 15. März müssen Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege nachweisen, dass sie gegen Covid-19 geimpft oder von der Krankheit genesen sind. Dagegen wandten sich die 46 Beschwerdeführenden mit einer Verfassungsbeschwerde. Die meisten von ihnen sind selbst in Gesundheitsberufen tätig, einige leiten Einrichtungen oder sind in Behandlung bei ungeimpften Medizinern. Sie verbanden ihre Verfassungsbeschwerde mit einem Eilantrag, um die Regelung vorläufig außer Vollzug setzen zu lassen.

Über diesen Eilantrag entschied das Gericht nun. Es gebe aktuell keine „durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen die Regelung, erklärte es. Allerdings habe es Zweifel an der Regelungstechnik: Im Gesetz selbst ist nämlich kein Impf- oder Genesenenstatus definiert, es verweist dazu auf die Corona-Ausnahmenverordnung, die wiederum auf das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert-Koch-Institut verweist. Über diesen Aspekt entschieden die Richterinnen und Richter in Karlsruhe aber noch nicht.

Zunächst ging es nur darum, ob die einrichtungsbezogene Impfpflicht bis zur grundsätzlichen Entscheidung ausgesetzt werden sollte. Dabei musste das Gericht die möglichen Folgen gegeneinander abwägen und beschloss: Die Regelung vorläufig außer Kraft zu setzen, könnte schlimmere Folgen haben, als sie erst einmal in Kraft zu lassen.

Es stellte fest, dass niemand zur Impfung gezwungen werde. Wer sich nicht impfen lassen wolle, müsse womöglich den Arbeitsplatz oder den Beruf wechseln. Mögliche berufliche Nachteile für Ungeimpfte seien aber voraussichtlich nicht unumkehrbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Impfung gravierende Folgen für den Einzelnen haben könne, sei sehr gering.

Wenn sich aber herausstelle, dass die Impfpflicht in Gesundheitsberufen verfassungsgemäß sei, hätten vulnerable Menschen bis zur Entscheidung ein deutlich höheres Risiko, schwer zu erkranken oder gar an Covid-19 zu sterben. Denn dann seien voraussichtlich weniger Pflegekräfte und Mediziner geimpft und könnten andere Menschen leichter anstecken.

„Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber“, erklärte das Gericht abschließend. Wann es in der Hauptsache entscheidet, ist noch unklar. Es gingen zahlreiche Beschwerden gegen die Impfpflicht im Gesundheitswesen in Karlsruhe ein. Falls eine allgemeine Impfpflicht kommt, werden weitere Klagen erwartet.

Politisch ist die aktuelle Regelung weiter umstritten: Bayerns Ministerpräsident Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte am Montag, sie vorerst nicht umsetzen zu wollen. Auch weitere Unionspolitiker äußerten sich kritisch, andere Landeschefs wiederum verteidigten den Zeitplan. Die Bundesregierung pocht darauf, dass ein Bundesgesetz umgesetzt werden müsse.

Nach der Gerichtsentscheidung sahen sich beide Seiten bestätigt. Der Geimpfte trage ein minimales Risiko der Nebenwirkung, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf Twitter. „Damit schützt er Ältere und Kranke, die ihm anvertraut sind, vor Tod und schwerer Krankheit.“ Die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, erklärte, die einrichtungsbezogene Impfpflicht könne „wie geplant bundesweit Mitte März starten“.

Unionsfraktionsvizechefin Andrea Lindholz (CSU) teilte mit, es sei nun umso wichtiger, „dass die Bundesregierung dringend die offenen Fragen insbesondere im Arbeitsrecht klärt“. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte vor Journalisten in München, das Gericht habe klar gesagt, dass bestimmte Fragen in dem Gesetz zu klären seien. „Deshalb bestätigt das im Prinzip genau die Linie der bayerischen Staatsregierung.“

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