Gefährliche Plastikflut als enorme Umweltschutz-Herausforderung

Plastikbecher - Bild: Ivan Radic/CC BY 2.0
Plastikbecher - Bild: Ivan Radic/CC BY 2.0

Die UN-Umweltversammlung (Unea) hat nach mehrtägigen Beratungen in Nairobi ein internationales Abkommen gegen Plastikmüll auf den Weg gebracht. Die Delegationen aus fast 200 Staaten setzten ein Gremium ein, das eine bis spätestens Ende 2024 rechtsverbindliche, globale Vereinbarung aushandeln soll. Schließlich ist die Plastikmüll-Flut ein weltweites Problem:

Wieviel Plastik wird auf der Welt produziert?

Zwischen 2000 und 2019 hat sich die weltweite Plastikproduktion laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 234 Millionen auf 460 Millionen Tonnen nahezu verdoppelt. Der Plastikmüll hat sich im selben Zeitraum auf einen Umfang von 353 Megatonnen mehr als verdoppelt. Von den 22 Millionen Tonnen Plastik allein im Jahr 2019 landeten sechs Megatonnen in Wasserläufen, Seen und Meeren.

Plastik macht laut der Umweltversammlung der Vereinten Nationen „mindestens 85 Prozent aller Abfälle in Meeren“ aus. 2020 sank die weltweite Plastikproduktion im Zuge der Corona-Pandemie leicht um 0,5 Prozent. Laut europäischem Kunststofferzeugerverband Plastics Europe war dies nach dem Ölkrisenjahr 1973 und dem Finanzkrisenjahr 2008 erst das dritte Mal in der Geschichte des Plastiks, dass seine Produktion zurückging.

Wo wird das Plastik produziert?

2020 wurde mehr als die Hälfte des Plastiks in Asien hergestellt. Laut Herstellerverband Plastics Europe, der die weltweite Produktion der von ihm in den Blick genommenen Plastiksorten mit knapp 370 Millionen Tonnen im Jahr 2019 angibt, wurde knapp ein Drittel davon in China produziert. Von 2010 bis 2020 stieg die dortige Produktion laut Plastics Europe um 82 Prozent von 64 auf 117 Megatonnen jährlich. Weltweit betrug die Zunahme in diesem Zeitraum 30 Prozent.

Europa produzierte 2020 laut Plastics Europe 55 Megatonnen – fünf Prozent weniger als 2019. Das globale Wachstum der Plastikproduktion gehe vor allem auf das Konto der USA und arabischer Länder, „weil die Rohstoffe dort viel billiger sind“, sagt Jean-Yves Daclin von Plastics Europe. In China nehme die Produktion zu, weil die Nachfrage dort „viel stärker“ sei.

Wie wird sich die Plastikproduktion entwickeln?

Nach Schätzungen eines WWF-Berichts vom September wird sich die weltweite Plastikproduktion bis 2040 verdoppeln und „die Klimakrise beschleunigen“. Das französische Energiewende-Forschungsinstitut IFPEN nennt „beunruhigende Prognosen“ von einer Milliarde Tonnen Plastik jährlich um die Jahrhundertmitte.

Die Hersteller widersprechen solchen Prognosen. Angesichts politischer Entscheidungen zur Verringerung von Einweg-Plastik sei es „wahrscheinlich, dass das Wachstum sich verringert und die Plastikproduktion sich nicht bis 2040 verdoppelt“, sagt Plastics-Europe-Vertreter Daclin.

Die wichtigste Strategie zur Verringerung der Produktion ist das Recycling. Aber während in Europa laut OECD immerhin 34,6 Prozent des Plastikmülls wiederverwertet werden, beträgt die Recyclingrate weltweit nur neun Prozent. Die Organisation Zero Waste setzt sich daher für eine längere Verwendungsdauer des Materials ein.

Die Chefin des UN-Umweltprogramms (Unep), Inger Andersen, schrieb Anfang Februar in einem Beitrag für die Londoner „Times“, indem Plastik von vornherein für Wiederverwendung und Recycling konzipiert werde und gefährliche Zusatzstoffe vermieden würden, könne die Menge des ins Meer gelangenden Plastiks „bis 2040 um mehr als 80 Prozent“ verringert werden. Die Produktion neuen Plastiks könne im selben Zeitraum um 55 Prozent gesenkt werden.

Was ist mit ohne Erdöl hergestelltem Plastik ?

Bislang spielt aus nachwachsenden Substanzen hergestelltes Plastik fast keine Rolle. Für weniger als ein Prozent der weltweiten Produktion werden Rohstoffe wie Zucker, Stärke, Mais oder Weizen genutzt.

Der Einsatz von solchem „Bio-Plastik“ wird durch Probleme bei ihrer Entwicklung sowie dem Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen und Wasser begrenzt. Die Heinrich-Böll-Stiftung warnt in ihrem Plastikatlas: „‚Bio‘-Kunststoffe verlagern nur die Problematik und lenken von den tatsächlichen Lösungen ab.“ Schließlich seien auch diese Materialien weder vollständig biologisch abbaubar noch kompostierbar.

Vielversprechender sind neue Verfahren, bei denen Plastik etwa aus Pflanzenabfällen oder Algen hergestellt wird.

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