US-Regierung beschlagnahmt sieben Milliarden Dollar von afghanischer Zentralbank

USA - Bild: johncarmean via Twenty20
USA - Bild: johncarmean via Twenty20

Die US-Regierung beschlagnahmt sieben Milliarden Dollar (rund 6,1 Milliarden Euro) der afghanischen Zentralbank, die in den USA gelagert sind. Während die eine Hälfte des Geldes der notleidenden afghanischen Bevölkerung zugutekommen soll, wird die andere Hälfte für Angehörige von Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 zurückgehalten, wie das Weiße Haus am Freitag mitteilte. Die in Afghanistan herrschenden radikalislamischen Taliban kritisierten das US-Vorgehen scharf.

Die auf US-Konten lagernden Milliarden der afghanischen Zentralbank waren nach der Machtübernahme der Taliban im vergangenen August eingefroren worden. US-Präsident Joe Biden unterzeichnete nun ein Dekret, um eine Verwendung der Mittel zu ermöglichen.

„Die Regierung wird versuchen, den Zugang von 3,5 Milliarden Dollar dieser Gelder für die afghanische Bevölkerung und für Afghanistans Zukunft zu erleichtern“, erklärte das Weiße Haus. Das Geld soll demnach direkt die afghanische Bevölkerung erreichen und nicht „in die Hände der Taliban“ geraten.

Die humanitäre Krise in dem Land hat sich seit der Machtübernahme der Taliban drastisch verschärft, Millionen Menschen sind nach UN-Angaben von Hunger bedroht. Angesichts der Krise hatte der UN-Sicherheitsrat im Dezember die Ermöglichung humanitärer Hilfen für Afghanistan trotz bestehender Sanktionen beschlossen. Allerdings soll die Hilfe nicht an die Taliban gehen, denen schwere Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt werden.

Die als Hilfen für Afghanistan vorgesehenen 3,5 Milliarden Dollar sollen in einen Treuhandfonds fließen, wie das Weiße Haus erläuterte. Die andere Hälfte der eingefrorenen Zentralbankgelder solle für „US-Opfer des Terrorismus“ zurückgehalten werden, die vor Gericht Schadenersatz fordern.

„Viele US-Opfer des Terrorismus, einschließlich Angehörige von Opfern, die bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 starben, haben Ansprüche gegen die Taliban erhoben und erheben vor Bundesgerichten Anspruch auf Mittel der afghanischen Zentralbank“, erklärte das Weiße Haus.

Bei den Anschlägen auf das Word Trade Center in New York und das US-Verteidigungsministerium bei Washington waren rund 3000 Menschen getötet worden. Die  damals in Afghanistan herrschenden Taliban hatten dem für die Anschläge verantwortlichen Terrornetzwerk Al-Kaida Unterschlupf gewährt.

Die USA waren deswegen Ende 2001 in Afghanistan einmarschiert und hatten die Taliban von der Macht vertrieben. Der US-Militäreinsatz endete im vergangenen Sommer nach 20 Jahren mit der für die USA demütigenden Rückkehr der Taliban an die Macht inmitten des US-Truppenabzugs.

Die Islamisten übten nun scharfe Kritik an der Beschlagnahmung der afghanischen Zentralbankgelder. „Der Diebstahl und die Beschlagnahmung von in den USA blockiertem/eingefrorenem Geld des afghanischen Volkes stellt die niederste Stufe von menschlichem und moralischem Niedergang eines Landes und einer Nation dar“, erklärte Taliban-Sprecher Mohammed Naeem im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Die größte und schimpflichste Niederlage ist es, wenn eine moralische und eine militärische Niederlage zusammenkommen.“

Auch bei Opferfamilien der Anschläge vom 11. September 2001 – kurz 9/11 – stieß das Vorgehen der US-Regierung teilweise auf Kritik. „Ihr Land wurde zerstört“, sagte Sandra Bodley, deren Nichte bei den Anschlägen getötet worden war, der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf Afghanistan. „Als 9/11-Familienmitglied finde ich, dass alle verfügbaren Mittel als Hilfe nach Afghanistan gehen sollten.“

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