Breite Ablehnung von Wiedereinführung der Wehrpflicht

Bundeswehr - Bild: Universität der Bundeswehr München
Bundeswehr - Bild: Universität der Bundeswehr München

In der Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht als Reaktion auf den Ukraine-Krieg mehren sich die Stimmen der Gegner. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sagte, die Streitkräfte bräuchten „gut ausgebildetes, in Teilen sogar hochspezialisiertes Personal“ etwa zur Abwehr von Cyberangriffen. Wehrpflichtige könnten das nicht leisten. Ähnlich argumentierte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).

„Die Wehrpflicht so, wie wir sie noch kennen, ist in der jetzigen Situation nicht erforderlich“, sagte Zorn den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Bundeswehr und ihre Aufgaben hätten sich verändert. „Für den Kampf im Cyberraum, um nur ein Beispiel zu nennen, sind Wehrpflichtige absolut ungeeignet.“

Zorn wies zudem darauf hin, dass eine Entscheidung dieser Tragweite nicht auf die Schnelle getroffen werden könne. „Mit Blick auf eine Umstrukturierung der Bundeswehr wieder hin zu einer Streitkraft, die sich wesentlich auf eine Mobilmachung aus dem Volk heraus abstützt, muss es vorher eine gesamtgesellschaftliche Debatte geben“, sagte er. Darüber hinaus sei die „Klärung rechtlicher und grundgesetzlicher Fragen“ nötig.

Buschmann sagte dem Portal „t-online.de“, Deutschland brauche „eine schlagkräftige Armee mit echtem Abschreckungspotenzial“. Diese müsse „aus hochqualifizierten Top-Profis mit Hightech-Ausrüstung“ bestehen. „Mit einer Wehrpflicht-Armee hat so etwas nichts zu tun.“

„Eine Reaktivierung der Wehrpflicht leistet keinen Beitrag zum Abbau aktueller Bedrohungen und lenkt von dringlichen Problemen ab“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert den Funke-Zeitungen. Ihr Nutzen für die Bundeswehr sei mehr als fraglich.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, erklärte in Berlin, eine Wiedereinführung der Wehrpflicht „würde niemandem helfen, noch nicht einmal der Bundeswehr“. Die seit 2011 ausgesetzte Wehrpflicht gehöre „gleich abgeschafft“, denn „Zwangsdienste“ seien mit den Grundsätzen der Demokratie unvereinbar.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und der angekündigten Stärkung der Bundeswehr hatte es vor allem aus der CDU Forderungen gegeben, eine allgemeine Dienstpflicht zu diskutieren. Diese könnte bei der Bundeswehr, aber beispielsweise auch im Pflege- und Sozialbereich geleistet werden.

Der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß bekräftigte die Forderung in den Funke-Zeitungen. „Ich setze mich schon seit Längerem für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen ein, das bei der Bundeswehr, aber etwa auch bei Hilfsorganisationen oder in den Bereichen Pflege und Erziehung absolviert werden kann“, sagte er. „Wir brauchen wieder mehr Staatsbürger und weniger Ich-Bürger.“

„Die Dienstpflicht – darüber haben wir lange genug diskutiert, damit ist Schluss“, sagte hingegen SPD-Chefin Saskia Esken den Sendern RTL und ntv. Sie halte das für „eine abwegige Debatte“.

Er sehe „wenig Sinn“ in einer Wiedereinführung der Wehrpflicht, sagte seinerseits CSU-Chef Markus Söder in München. Auch in Bezug auf eine allgemeinen Dienstpflicht sei er „sehr skeptisch“. Er sehe einerseits ein „verfassungsrechtliches Problem“, wenn junge Menschen zu einem einjährigen Dienst verpflichtet würden. Zudem würde der Plan „ein enormes Maß an zusätzlicher Bürokratie bedeuten“.

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