Die Fußstapfen für den saarländischen Ministerpräsidenten sind offenbar übergroß

Tobias Hans - Bild: Staatskanzlei/Carsten Simon
Tobias Hans - Bild: Staatskanzlei/Carsten Simon

Der erste Stimmungstest nach der Bundestagswahl im Saarland droht für die CDU und ihren Ministerpräsidenten Tobias Hans zum Desaster werden. Umfragen zufolge steht der 44-Jährige bei der Landtagswahl am Sonntag nach nicht einmal einer ganzen Legislaturperiode im Amt vor der Abwahl. Nach 22 Jahren könnten die Christdemokraten damit die Macht im Saarland an eine erstarkte SPD verlieren.

Die Bundestagswahl im September war für Hans ein schwerer Schlag ins Kontor. Der verheiratete Vater von drei Kindern galt in der Frage der Unionskanzlerkandidatur als indirekter Unterstützer des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. „Es ist völlig klar, dass die Frage, mit welcher Person man die besseren Chancen bei den Wahlen hat, eine zentrale Rolle spielen muss“, sagte Hans im April. Damals lag Söder in Umfragen vorn.

Für die Union trat letztlich jedoch der damalige CDU-Vorsitzende und nordhrein-westfälische Regierungschef Armin Laschet an – und verlor die Wahl gegen die SPD. Die CDU ist seither nach 16 Jahren nur noch Oppositionsfraktion im Bundestag. Zwar wurde Hans dieses Scheitern nicht offen angelastet, eine Wechselstimmung zeichnete sich allerdings bald darauf auch im Saarland ab.

Im März 2018 hatte Hans das Ministerpräsidentenamt von seiner Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer übernommen, die als CDU-Generalsekretärin nach Berlin wechselte. Er trat damit in große, möglicherweise übergroße Fußstapfen, denn Kramp-Karrenbauer war im Land sehr beliebt. Hans schaffte es in den vergangenen vier Jahren nicht, sich ähnlich hohe Popularitätswerte aufzubauen.

Bei der Landtagswahl 2017 war die CDU unter Kramp-Karrenbauers Führung auf 40,7 Prozent der Stimmen gekommen. Jüngste Umfragen schreiben den Christdemokraten nun nur noch 28 bis 31 Prozent zu. Die SPD von Herausforderin Anke Rehlinger – derzeit Landeswirtschaftsministerin und Vizeministerpräsidentin – liegt mit 37 bis 41 Prozent deutlich in Führung.

Bis zu seinem Wechsel an die Spitze der schwarz-roten Landesregierung war der frühere CDU-Fraktionschef Hans bundesweit kaum bekannt. Seine eigenen schwachen Umfragewerte der vergangenen Monate führt er auf die Coronakrise zurück. „Ich bin derjenige, der die schlechten Botschaften überbringt – das bleibt ein Stück weit mehr an mir persönlich hängen“, sagte er kürzlich im Fernsehduell des Saarländischen Rundfunks.

Mit einem vor einer Tankstelle aufgenommenen Video zum Anstieg der Spritpreise versuchte Hans zuletzt, das Ruder im Wahlkampf herumzureißen. Es bescherte ihm zwar bundesweite Aufmerksamkeit, doch könnte es ihm letztlich eher schaden. Viele Reaktionen darauf waren von harscher Kritik an seinen Äußerungen geprägt.

Hans ist der Sohn des 2007 gestorbenen früheren Landtagsabgeordneten und ehemaligen CDU-Fraktionschefs Peter Hans. Seit 2009 sitzt er selbst im Saarbrücker Landtag. Von 2012 bis 2015 war er parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Im Oktober 2018 wurde er zum Landesparteichef gewählt.

In die Politik zog es Hans schon früh. Bereits mit 14 Jahren trat er in die Junge Union ein, zwei Jahre später in die CDU. Zunächst war er in der Kommunalpolitik in Neunkirchen aktiv, bevor er schließlich in die Landespolitik ging. Eine Berufsausbildung hat Hans nicht.

2006 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter der CDU-Landtagsfraktion. Rund ein Jahr später brach Hans sein Studium der Informationswissenschaft, Wirtschaftsinformatik und Anglistik nach 18 Semestern in Saarbrücken ab. Vor seinem Einzug in den Landtag war er zudem persönlicher Referent der damaligen saarländischen CDU-Sozialminister Josef Hecken und Gerhard Vigener.

Die Landtagswahl könnte nun auch über die politische Zukunft von Hans entschieden. Ob er als Juniorpartner in eine große Koalition umgekehrter Färbung gehen würde, ließ er bislang offen. Um Teil der Regierung zu bleiben, könnte ihm den Umfragen zufolge keine andere Wahl bleiben – doch Rehlinger könnte auch mehrere weitere Regierungsoptionen ohne Hans und die CDU haben.

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