Im Saarland zeichnet sich ein Regierungswechsel ab

Landtagswahlen im Saarland - Bild: Tim Reckmann/CC-BY 2.0
Landtagswahlen im Saarland - Bild: Tim Reckmann/CC-BY 2.0

Kurz vor der Landtagswahl im Saarland am Sonntag muss für Ministerpräsident Tobias Hans ein Roboter ran. Da sich der CDU-Politiker wegen einer Corona-Infektion in Isolation befindet, fährt „Robi-Tobi“ zu seinen Wahlkampfterminen – ein auf einer Stange montierter Tabletcomputer, auf dem Hans im Straßenwahlkampf live zugeschaltet werden kann. Angesichts schwacher Umfragewerte für die CDU im Land ist Hans auf Aufmerksamkeit angewiesen, denn der 44-Jährige könnte nach nicht einmal einer Legislaturperiode vor der Abwahl stehen und die Macht an die SPD abgeben müssen.

SCHWÄCHELNDE CDU UND SPD IM HÖHENFLUG

Anfang März versuchte Hans bereits mit einer Wutrede über den Dieselpreis vor einer Tankstelle, das Ruder herumzureißen. Darin bezeichnete er den tagesaktuellen Literpreis von 2,12 Euro als „irre“. Doch das Video brachte ihm vor allem Kritik ein. Für Empörung sorgte vor allem der Satz: „Das trifft jetzt nicht nur Geringverdiener – das trifft wirklich die vielen fleißigen Leute.“

Rund 800.000 Menschen sind im Saarland am Sonntag zur Landtagswahl aufgerufen. Insgesamt bewerben sich 17 Parteien und Wählergruppen um die 51 Sitze im Saarbrücker Parlament. Jüngste Umfragen sagen einen deutlichen Wahlsieg der SPD um Herausforderin und Landeswirtschaftsministerin Anke Rehlinger voraus.

Der CDU-Landesverband sieht sich seit der Niederlage der Union bei der Bundestagswahl im September mit sinkenden Umfragewerten konfrontiert. Die Landespartei könnte demnach ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis von 33,4 Prozent aus dem Jahr 1990 noch unterbieten – die Umfragen sahen sie zuletzt zwischen 30 und 31 Prozent, nach 40,7 Prozent im Jahr 2017.

Außer der seit 2012 in einer großen Koalition im Saarland mitregierenden SPD konnte keine andere Partei von dem Abwärtstrend profitieren. Die Sozialdemokraten erreichen in den Umfragen zwischen 37 und 39 Prozent und könnten erstmals seit 22 Jahren wieder die Landesregierung anführen.

ZERSTRITTENE OPPOSITION

Umfragen zufolge müssen alle weiteren Parteien um einen Einzug ins Parlament bangen. Bis auf die FDP sind die Oppositionsparteien inner- und außerhalb des Parlaments im Saarland zerstritten. Die Liberalen um Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter werden bei fünf Prozent gesehen.

Der Linken mit Spitzenkandidatin Barbara Spaniol, derzeit noch größte Oppositionsfraktion, droht nach einem eskalierten Streit um die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl und dem Karriereende inklusive Parteiaustritt von Fraktionschef Oskar Lafontaine ein Desaster. Sie liegt bei nur vier Prozent – nach einem bundesweit überdurchschnittlichen Ergebnis von 12,8 Prozent vor fünf Jahren.

Auch den Grünen um Spitzenkandidatin Lisa Becker schadeten interne Streitigkeiten schwer. Wegen einer Auseinandersetzung um die Landeswahlliste war die Partei bei der Bundestagswahl nicht mit Zweitstimme wählbar. Nun steht sie mit fünf bis sechs Prozent äußerst schwach da. Vor dem Streit lag sie in Umfragen noch bei bis zu 15 Prozent.

Die AfD wird bei sechs Prozent verortet, was ungefähr ihrem Ergebnis von 2017 entspricht. Sie muss allerdings ohne Landesliste antreten, weil eine bereits eingereichte Liste kurz vor Fristende offenbar ohne Wissen der Landesparteiführung zurückgezogen wurde. Die Partei ist nun auf die Kreiswahllisten der drei Wahlkreise angewiesen.

WENIGE KOALITIONSOPTIONEN

Sowohl Rehlinger als auch Hans dürften nach der Wahl nur wenige Koalitionsoptionen zur Verfügung stehen. Beide würden die große Koalition ohnehin gern fortsetzen. Ob Hans auch als Juniorpartner dabei wäre, ließ er jedoch bisher offen. Um der Landesregierung weiterhin anzugehören, könnte ihm aber keine andere Möglichkeit bleiben.

Rechnerisch könnten für Rehlinger auch eine Ampelkoalition mit Grünen und FDP oder ein Bündnis mit Grünen und Linken möglich sein – eine Zusammenarbeit mir der Linken schloss sie jedoch bereits aus. Laut Umfragen für das ZDF und die „Bild“-Zeitung rückten zuletzt allerdings auch eine rot-grüne oder eine rot-gelbe Koalition ohne einen dritten Partner in den Bereich des Möglichen.

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