Ketanji Brown Jackson: Mit Kompetenz und Coolness an den Supreme Court – und in die Geschichtsbücher

File:020820 Overseers 0040.jpg: Rose Lincoln, Harvard Universityderivative work: Innisfree987, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
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Ketanji Brown Jackson ist sich ihrer historischen Rolle bewusst. „Seit ich für diesen Posten nominiert wurde, habe ich so viele Botschaften und Briefe und Fotos von jungen Mädchen aus dem ganzen Land bekommen, die mir sagen, wie aufgeregt sie über diese Chance sind“, sagte die designierte US-Verfassungsrichterin kürzlich vor dem Senat. Denn die 51-Jährige schreibt Geschichte: Als erste schwarze Richterin überhaupt wird Jackson in den Supreme Court einziehen.

Die derzeitige Bundesrichterin will damit mehr noch als bislang ein Vorbild für schwarze Mädchen werden, die von einer Justizkarriere träumen – und zeigen, dass im Land der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten tatsächlich auch Afroamerikanerinnen ganz nach oben gelangen können.

Der Supreme Court war da bislang alles andere als ein glänzendes Vorbild: In seiner 233-jährigen Geschichte waren von 115 Richtern 108 weiße Männer. Zwei schwarze Männer schafften es bislang an den mächtigen Supreme Court, eine schwarze Frau dagegen noch nie.

Bis jetzt. Der US-Senat bestätigte am Donnerstag die von Präsident Joe Biden nominierten Nachfolgerin des in den Ruhestand gehenden liberalen Verfassungsrichters Stephen Breyer. Neben allen Senatoren von Bidens Demokraten stimmten auch drei Senatorinnen und Senatoren der oppositionellen Republikaner für Jackson.

Der Bestätigungsprozess im Senat war für die Absolventin der Elite-Universität Harvard, die zuletzt als Richterin am Bundesberufungsgericht von Washington wirkte, aber alles andere als ein Spaziergang.

Die oppositionellen Republikaner nutzten die Senatsanhörungen als Wahlkampfbühne und warfen der mit einem Chirurgen verheirateten Mutter von zwei Töchtern vor, als Richterin zu milde Urteile gegen Kinderpornografie-Straftäter verhängt zu haben – eine von unabhängigen Faktenprüfern rasch entkräftete Anschuldigung.

Die Konservativen bezeichneten Jackson auch als linke Aktivistin und versuchten, sie in ihre Kulturkriege um Fragen wie Geschlecht, Sexualität und Schulunterricht zum Thema Rassismus hineinzuziehen, mit denen sie bei den Kongress-Zwischenwahlen im November punkten wollen.

Jackson aber ließ die Angriffe bei den Anhörungen mit stoischer Ruhe an sich abperlen. Als „Meisterklasse“ bezeichnete der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, ihr Auftreten. „Die Republikaner wollten einen Volltreffer landen. Aber Richterin Jackson ist cool geblieben.“

Die Berufung an den neunköpfigen Supreme Court ist der Höhepunkt einer glänzenden Karriere. Die in Washington geborene und in Miami aufgewachsene Jackson kam schon als Kind mit Rechtsfragen in Berührung, als ihr Vater – ein Lehrer – ein Jura-Studium aufsattelte und am Küchentisch paukte. Die Eltern waren in der Zeit der Rassentrennung im Süden der USA aufgewachsen und hatten ihrer Tochter den afrikanischen Namen Ketanji Onyika gegeben – auf Englisch „Lovely one“, also etwa die Schöne oder die Wunderbare.

Nach ihrem eigenen Jura-Studium in Harvard arbeitete Jackson als Assistentin Stephen Breyers – eben jenes Richters, den sie nun im Supreme Court beerben wird. Später arbeitete sie eine zeitlang als Pflichtverteidigerin und vertrat damit Mandaten, die sich keinen Anwalt leisten können. Darunter waren auch Insassen des berüchtigten Gefangenenlagers Guantanamo.

2013 wurde Jackson Bundesrichterin. Ihr vermutlich bekanntestes Urteil fällte sie 2019, als sie dem damaligen Präsidenten Donald Trump eine juristische Niederlage zufügte: Sie urteilte, dass hochrangige Regierungsmitarbeiter parlamentarischen Zwangsvorladungen nachkommen müssen, was Trump verhindern wollte. „Präsidenten sind keine Könige“, schrieb Jackson in ihrer Urteilsbegründung. 2021 wurde die Richterin dann an das Bundesberufungsgericht in Washington berufen.

Ihr Aufstieg an den Supreme Court ist ein historischer Moment. An den Mehrheitsverhältnissen an dem Gerichtshof wird das aber nichts ändern: Das konservative Lager wird den Supreme Court mit einer Mehrheit von sechs der insgesamt neun Richter weiter fest im Griff haben.

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