Der SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty, hat Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in der Debatte um den Bau der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 verteidigt. „Manuela Schwesig engagiert sich wie keine andere für ihr Land und für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern – gerade auch mit Blick auf Arbeitsplätze“, sagte Kutschaty den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Mittwoch.
Schwesig habe erklärt, dass die Unterstützung von Nord Stream 2 aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen sei. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müsse die Energiepolitik in Deutschland „völlig neu“ ausgerichtet werden, sagte Kutschaty, der SPD-Landeschef in Nordrhein-Westfalen und stellvertretender Bundesvorsitzender ist. In Nordrhein-Westfalen wird am 15. Mai ein neuer Landtag gewählt.
Sowohl die Grünen als auch CDU und FDP werfen der von Schwesig geführten Landesregierung eine zu russlandfreundliche Politik vor. Dabei geht es insbesondere um die umstrittene landeseigene Klima- und Umweltstiftung Mecklenburg-Vorpommerns. Diese half 2021 durch verdeckte Geschäftstätigkeiten bei der Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2, welche aufgrund des russischen Überfalls auf die Ukraine jedoch nicht in Betrieb genommen wird.
Medienberichten zufolge nahm das Pipelineunternehmen Nord Stream 2 AG bei der Gründung der Stiftung starken Einfluss auf die Landesregierung. Einem aktuellen Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ soll der Einfluss des Unternehmens sogar noch weitreichender als bislang bekannt gewesen sein.
Demnach soll sich die Tochterfirma des russischen Staatskonzerns Gazprom bereits 2016 eine „politische Flankierung“ beim Genehmigungsverfahren erbeten haben. „Ein entsprechender Kabinettsbeschluss ist in der laufenden Legislaturperiode wünschenswert“, wurde aus einer Präsentation des Unternehmens für das zuständige Energieministerium zitiert.
Die Zeitung erhielt Unterlagen der Staatskanzlei über das Informationsfreiheitsgesetz. Aus diesen Akten geht demnach auch hervor, dass den Wünschen von Nord Stream 2 in Schwerin entsprechen werden sollte.
So heiße es in einem Vermerk zu einem Ministertreffen in der Staatskanzlei, Nord Stream 2 halte an seinem „sehr ambitionierten Zeitplan fest und möchte vor Weihnachten 2017 den Planungsfeststellungsbeschluss vom Bergamt Stralsund erteilt bekommen“. Dem Bericht zufolge hatte das Energieministerium für diese Genehmigungsbehörde eigens zwei Stellen ausgeschrieben, um den Zeitplan der Nord Stream 2 AG erfüllen zu können.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte bereits nach den ersten Berichten Schwesigs Rücktritt. Aus der eigenen Partei wird sie jedoch verteidigt. Parteinahe Historiker drangen zuletzt allerdings auf mehr Aufklärung.
„Wir müssen aufarbeiten, an welchen Stellen in Mecklenburg-Vorpommern und anderswo mit Wladimir Putins Russland gekungelt worden ist“, sagte der sozialdemokratische Zeithistoriker Ulrich Mählert dem Portal t-online. Er schlug zudem die Einrichtung einer Enquetekommission im Bundestag vor.
Ähnlich äußerte sich der Potsdamer Historiker Jan Behrends. „Wir müssen untersuchen, wann im Parteivorstand über Russland- und Osteuropathemen gesprochen wurde, wer dabei Einfluss hatte und warum bestimmte Entscheidungen so getroffen worden sind“, sagte er dem Portal. Mählert und Behrends wurden beide vom SPD-Vorstand in das sogenannte Geschichtsforum der Partei berufen.