Thomas Kutschaty: Ein Eisenbahnersohn strebt ins Düsseldorfer Landeshaus

Thomas Kutschaty - Bild: Stefan Finger
Thomas Kutschaty - Bild: Stefan Finger

Wenn es nach Thomas Kutschaty geht, sind die vergangenen fünf Jahre in Nordrhein-Westfalen nur ein Ausrutscher gewesen – ein kurzes Zwischenspiel unter CDU-Führung, dem mit der Landtagswahl am Sonntag kommender Woche ein Ende bereitet werden soll. „Das sozialdemokratische Jahrzehnt hat mit der Bundestagswahl im vergangenen Jahr begonnen“, sagte der 53-Jährige kürzlich vor Journalisten. Sein Ziel steht fest: Kutschaty will als Spitzenkandidat das bevölkerungsreichste Bundesland für die SPD zurückgewinnen.

Kutschaty ist nicht nur Spitzenkandidat und Landesvorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD, sondern seit Dezember auch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei. Den Menschen in Nordrhein-Westfalen dürfte er jedoch vor allem aus seiner Zeit als Justizminister bekannt sein. Unter SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft führte der Jurist das Ministerium sieben Jahre lang, bis die rot-grüne Regierung in Düsseldorf abgewählt wurde.

Offiziell ins Rennen um das Ministerpräsidentenamt schickte ihn seine Partei auf einem digitalen Parteitag im Februar. Rund 96,8 Prozent der Delegierten stellten sich hinter den Landesvorsitzenden. In seinem Wahlkampf setzt Kutschaty seitdem auf klassische sozialdemokratische Kernthemen – soziale Gerechtigkeit, Bildungsgleichheit und sichere Arbeitsplätze. Es sind Schlagwörter, denen er mit Anekdoten aus seiner eigenen Biografie als Arbeiterkind Leben einhaucht.

Kutschaty erzählt gern von seiner Herkunft, aus der er nach eigener Aussage viele seiner Überzeugungen zieht. Am 12. Juni 1968 kam er im Ruhrgebiet, das lange als Herzkammer der Sozialdemokratie galt, als Sohn eines Eisenbahners zur Welt. In Essen-Borbeck wuchs er in einfachen Verhältnissen auf und war der erste in seiner Familie, das Abitur machte. Den damaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt erlebte er zum ersten Mal mit zwölf Jahren in der Essener Gruga-Halle.

Kutschaty selbst bekam sein SPD-Parteibuch im Jahr 1986, war Sprecher der Jungsozialisten und brachte sich schon früh in der Kommunalpolitik ein. Auch während seines späteren Jurastudiums an der Ruhr-Universität in Bochum blieb er dem „Pott“ treu. Im Jahr 1997 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen. Als direkt gewählter Kandidat zog er im Jahr 2005 erstmals in den Düsseldorfer Landtag ein.

Auf der Bühne und im Landtag wirkt der verheiratete Vater dreier Kinder oft verbissen und teilt gern gegen die Regierungsparteien aus. Stellenweise ist in solchen Reden ein Ruhrgebietsdialekt herauszuhören, etwa wenn er „drübber“ statt „drüber“ sagt. In der „Wahlarena“ des Westdeutschen Rundfunks, dem Fernsehfünfkampf der Spitzenkandidaten, bietet er dem AfD-Kandidaten Markus Wagner Paroli und erntet dafür lauten Applaus aus dem Publikum.

Auf die Bitte, sich selbst mit wenigen Worten zu beschreiben, sagt Kutschaty: „Jemand, der Erfahrung und das Herz am rechten Fleck hat.“ Außerdem sei er großer Fan der „Jahrhundertperson“ Freddie Mercury. Und gut zuhören könne er auch.

Unter Beweis stellt er das etwa im Wahlkampf. Bei Besuchen von sozialen Einrichtungen oder Marktplätzen nimmt er sich viel Zeit, um sich die Beschwerden und Wünsche der Menschen anzuhören und wirkt dabei aufrichtig interessiert. Wenn er längst zum nächsten Termin weiter müsste, stellt er noch einige Nachfragen und versichert dann, das Thema „definitiv mitzunehmen“. Ob in die Opposition oder die Regierung, bleibt abzuwarten.

Als Herausforderer des amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst kann Kutschaty nicht auf einen Amtsbonus setzen. Aktuelle Umfragen sahen seine SPD zuletzt knapp hinter der CDU. Im hypothetischen Szenario einer Direktwahl des Ministerpräsidenten schnitt Wüst jedoch etwas besser ab als sein Herausforderer.

Kutschaty zeigt sich angesichts dessen kämpferisch. Durch den klaren Wahlsieg der SPD im Saarland erhofft sich der Herausforderer Rückenwind für die nordrhein-westfälische Landtagswahl. „Das sozialdemokratische Herz schlägt wieder laut und kräftig“, befand Kutschaty kürzlich.

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