Netzagentur: Privathaushalte nicht zu spät mit hohen Gaskosten konfrontieren

Erdgas - Bild: Diverse Stock Photos/CC BY-NC 2.0
Erdgas - Bild: Diverse Stock Photos/CC BY-NC 2.0

Die Bundesnetzagentur hat sich im Umgang mit der Gaskrise dafür ausgesprochen, Privathaushalte nicht zu spät mit steigenden Kosten zu konfrontieren. „Wenn die Abschläge erst nächstes Jahr erhöht werden, trifft es viele Menschen unvorbereitet“, sagte Behördenchef Klaus Müller der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Zugleich vermeldete die Behörde am Sonntag erneut eine „stabile“ Gasversorgung.

„Viele Haushalte werden erst bei der Heizabrechnung im nächsten Jahr bemerken, wie stark der Preis gestiegen ist, und die Nachzahlungen nicht stemmen können“, warnte Müller in der „FAS“. Im Umgang mit der Gasknappheit setzt er auf eine Marktregulierung durch hohe Preise: „Preissignale sind wirksamer als Verzichtsappelle.“

Zugleich kritisierte Müller Forderungen, dass die Netzagentur bereits jetzt festlegen soll, in welcher Reihenfolge Industriebetriebe im Ernstfall von der Gasversorgung abgeschaltet würden. „Das wird nicht gehen.“ Solche Entscheidungen seien von „zu vielen Randbedingungen abhängig“. Die Netzagentur werde nun Positiv-Kriterien definieren. Aber auch das sei wegen der Verflechtung der Wirtschaft komplex.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch angesichts des Gasstreits mit Russland die sogenannte Frühwarnstufe des Gas-Notfallplans ausgerufen. Hintergrund ist, dass der Kreml nun für die Zahlung seiner Gaslieferungen Rubel-Konten in Russland fordert und im Zweifel mit Stopps droht – noch sind die konkreten Folgen dieser Forderung aber unklar.

In dem von Habeck aktivierten Plan gibt es noch eine Alarmstufe und eine Notfallstufe, in der aktiv eingegriffen wird. Die Bundesnetzagentur entscheidet dann, wer noch wie viel Gas geliefert bekommt. Besonderen Schutz genießen etwa private Verbraucher und soziale Einrichtungen.

Derzeit arbeitet die Bundesnetzagentur an Kriterien zur Gasverteilung. Dazu führt sie Gespräche mit der Industrie, um den genauen Gasbedarf zu erfahren. Sie veröffentlicht zudem täglich einen Lagebericht zur Gasversorgung. Mit Stand vom Sonntag war die Gasversorgung „stabil“, und es gebe „keine Beeinträchtigungen der Gaslieferungen“, teilte die Bundesnetzagentur in ihrem Bericht mit. Auch die Gasnetzbetreiber meldeten „keine besonderen Vorkommnisse“.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall sprach sich unterdessen gegen eine Bevorzugung privater Haushalte bei einem Notstand aus. „Niemandem wäre damit gedient, wenn die Menschen bei 24 Grad zu Hause in der Wohnung sitzen, aber die Unternehmen, in denen sie arbeiten, zusammenbrechen“, warnte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf im Gespräch mit der „Augsburger Allgemeinen“. Die Netzagentur müsse daher ihre Reihenfolge der Gasabschaltung im Notfall überdenken.

Wolf warnte vor dem „größten wirtschaftlichen Einbruch in der Nachkriegszeit“, sollte die Industrie gezwungen sein, wegen mangelnder Gaslieferungen in hohem Maße herunterzufahren. Er rechne dann damit, dass die Kurzarbeit sprunghaft ansteige und Firmen zum Teil Beschäftigte entlassen müssten.

Die Chefin des Thyssenkrupp-Konzerns, Martina Merz, betonte, ein „Mindestbezug“ von russischem Gas sei in den kommenden Monaten „unverzichtbar“. Ansonsten drohe die Wirtschaft „regelrecht zu implodieren“, sagte sie dem „Spiegel“. Sollte es tatsächlich zu einem Versorgungsengpass kommen, müssten Produktionsanlagen „geordnet heruntergefahren werden“, weil sie sonst „möglicherweise teilweise zerstört würden“.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte unterdessen einen Importstopp russischer Öl- und Gaslieferungen ab, der angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine immer wieder gefordert wird. „Die Sanktionen sind bereits beispiellos“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Sie müssten aber die russische Führung treffen und dürften nicht „die Stabilität Deutschlands gefährden“. „Würde man nur mit dem Herzen entscheiden können, wüsste ich, was zu tun ist“, fuhr Lindner fort. Ein Importstopp hätte aber „dramatische Auswirkungen auf unser Land“.

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