Erneuerbare Energien sollen in Deutschland einen deutlich höheren Stellenwert bekommen: Als Herzstück des sogenannten Osterpakets von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll der Grundsatz verankert werden, dass die Nutzung erneuerbarer Energien „im überragenden öffentlichen Interesse liegt“, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Regierungskreisen erfuhr. Zudem dienen die Erneuerbaren demnach „der öffentlichen Sicherheit“. Angestrebt wird, dass die Stromversorgung in Deutschland „bereits 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien“ beruht.
Das „Osterpaket“ soll am Mittwochvormittag vom Bundeskabinett verabschiedet werden, bevor sich dann im nächsten Schritt der Bundestag damit befasst. Laut den Angaben aus Regierungskreisen wird mit dem Maßnahmenbündel der Ausbau der erneuerbaren Energien zu Land, zu Wasser und auf Dächern „umfassend beschleunigt“. Bei dem mehr als 500 Seiten starken Gesetzespaket handelt es sich demnach um die größte energiepolitische Novelle seit Jahrzehnten.
Angepasst werden den Regierungskreisen zufolge das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Bundesbedarfsplangesetz, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz und noch weitere Gesetze und Verordnungen im Energierecht.
Konkret soll beispielsweise durch neue Flächen für Photovoltaik – auch auf Dachanlagen – oder die bessere Beteiligung von Kommunen bei Windrädern oder Solarstromanlagen der Ausbau der Erneuerbaren erheblich vorangetrieben werden.
Eine besondere Bedeutung bekommt dieser Ausbau nicht nur durch die notwendige Emissions-Trendwende, die zum Erhalt einer „lebenswerten“ Erde nötig sei, wie am Montag der Weltklimarat IPCC bei der Vorstellung seines jüngsten Sachstandberichts eindringlich gemahnt hatte. Besonders im Fokus steht die Energieversorgung auch angesichts des Ukraine-Kriegs und der massiven Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen.
Die angestrebte Verankerung als „im überragenden öffentlichen Interesse“ soll den Erneuerbaren nun bei der sogenannten Schutzgüterabwägung Vorrang einräumen – so lange, bis das Ziel der Treibhausgasneutralität erreicht ist. Bis 2030 soll, wie schon im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbart, 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs mit Erneuerbaren gedeckt werden. Für 2035 wird dann die nahezu vollständige Treibhausgasneutralität im Stromsektor angepeilt.
Vorgesehen ist im „Osterpaket“ den Regierungskreisen zufolge auch, dass mit der Abschaffung der EEG-Umlage die Regeln für den Eigenverbrauch und für die Privilegierung der Industrie vereinfacht werden. Auch eine Stärkung der Rechte von Endkunden und der Aufsichtsmöglichkeiten der Bundesnetzagentur über Energielieferanten soll es demnach geben, um Strom- und Gasverbraucher besser zu schützen.