Putin verkündet Eroberung von Mariupol – Biden äußert Zweifel

Vladimir Putin - Bild: ΝΕΑ ΔΗΜΟΚΡΑΤΙΑ/CC BY-NC 2.0
Vladimir Putin - Bild: ΝΕΑ ΔΗΜΟΚΡΑΤΙΑ/CC BY-NC 2.0

Trotz des Ausharrens zahlreicher ukrainischer Kämpfer in Mariupol hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Hafenstadt für erobert erklärt. Die „Befreiung“ der Stadt sei ein „Erfolg“ für die russischen Streitkräfte, sagte Putin am Donnerstag. US-Präsident Joe Biden äußerte hingegen Zweifel: „Es gibt noch keine Beweise dafür, dass Mariupol vollständig gefallen ist.“

Mariupol wurde in den ersten Tagen des russischen Angriffs auf die Ukraine umzingelt und seitdem belagert. Evakuierungsaktionen für die Zivilbevölkerung schlugen wiederholt fehl. Die Stadt ist mittlerweile weitgehend zerstört. Die ukrainische Seite spricht von zehntausenden Toten.

Die verbleibenden ukrainischen Soldaten haben sich im weitläufigen Industriekomplex des Konzerns Asow-Stahl verschanzt. Putin ordnete nun an, das Werk weiter zu belagern – so engmaschig, dass „keine Fliege mehr heraus kann“. Eine Erstürmung sei hingegen nicht sinnvoll. „Wir müssen an das Leben und die Gesundheit unserer Soldaten und Offiziere denken“, sagte der Staatschef.

Während der Belagerung war es nur selten gelungen, Zivilisten aus der umkämpften Stadt in Sicherheit zu bringen. Am Donnerstag kamen drei Busse mit Frauen und Kindern aus Mariupol im rund 200 Kilometer entfernten Saporischschja an. „Meine Wohnung ist genauso zerstört wie das Haus meines Sohnes“, berichtete die völlig erschöpfte 73-jährige Valentina AFP-Reportern.

Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk hatte am Morgen mitgeteilt, dass vier Busse mit Frauen, Kindern und älteren Menschen Mariupol verlassen hätten. Ob die angekommenen Busse Teil dieses Konvois waren, konnte zunächst nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Reise von Mariupol nach Saporischschja kann wegen der zahlreichen russischen Kontrollpunkte manchmal Tage dauern.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf den russischen Truppen „ein Ausbluten, ein Aushungern“ Mariupols vor. Die Lage in der Stadt sei „nicht nur hochdramatisch, sie ist kaum zu ertragen“, sagte sie bei einem Besuch in Estland und kündigte an, die EU werde den Druck auf Russland weiter erhöhen.

Im restlichen Donbass und im Süden des Landes setzten die russischen Streitkräfte ihren Artilleriebeschuss am Donnerstag fort. Die ukrainische Seite meldete heftige Gefechte unter anderem aus der Region Isjum sowie in den Städten Popasna und Rubischne in der Region Luhansk. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, es habe eine Reihe von Luftangriffen ausführen lassen, darunter auch auf das südliche Mykolajiw.

US-Präsident Biden sieht Putins Angriff auf die Ukraine dennoch als zum Scheitern verurteilt: „Es wird ihm niemals gelingen, die gesamte Ukraine zu dominieren und zu besetzen“, sagte Biden und kündigte zusätzliche Militärhilfe in Höhe von 800 Millionen Dollar an, darunter Artilleriesysteme, Artilleriemunition, Panzerfahrzeuge und Hubschrauber.

Auch Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez kündigte bei einem Besuch in Kiew eine weitere Lieferung militärischer Ausrüstung inklusive „moderner Munition“ und schwerer Transportfahrzeuge an. Die Bundesregierung plant für die Lieferung schwerer Waffen einen Ringtausch über den Nato-Partner Slowenien.

In Borodjanka in der Nähe von Kiew wurden derweil nach ukrainischen Angaben neun Leichen von Zivilisten gefunden, von denen einige Folterspuren aufwiesen. Die russischen Streitkräfte hatten sich Ende März im Norden der Ukraine zurückgezogen. Kiew und westliche Staaten werfen Russland Kriegsverbrechen vor. In den Leichenhallen der Region Kiew sollen derzeit mehr als tausend zivile Todesopfer liegen. Die russische Seite bestreitet die Vorwürfe.

Wegen des russischen Angriffs sind nach UN-Angaben mehr als 7,7 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Die meisten von ihnen seien aus der Ostukraine in andere Landesteile geflohen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit. Mehr als fünf Millionen Menschen sind zudem außer Landes geflohen.

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