Eurovision Song Contest 2022: Ukraines Triumph und Deutschlands große Fehler

Eurovision Song Contest - Bild: FRANCESCA MONTINARO/EBU
Eurovision Song Contest - Bild: FRANCESCA MONTINARO/EBU

Triumph der Ukraine und Desaster für Deutschland: Beim Eurovision Song Contest (ESC) passierte zwar das, was viele vorher erwartet haben. Doch nach einem spannenden Wettbewerb fühlte sich der ukrainische Sieg durch die überwältigende Unterstützung der Europäer noch ein bisschen größer an, während das gleichgültige Akzeptieren der deutschen Pleite durch Sänger Malik Harris stark irritierte. Offen sind angesichts des Kriegs die Planungen des ESC 2023.

DAS PUBLIKUM HILFT DER UKRAINE

Nach der Punktevergabe der Jury sah es nicht gut aus für die Siegchancen des Kalush Orchestra. Lediglich Platz vier hinter Großbritannien, Schweden und Spanien und deutliche 91 Punkte Rückstand auf den Briten Sam Ryder. Aus den 39 anderen Ländern – die Ukrainer durften nicht für sich selbst stimmen – kamen dann aber bei der Publikumsabstimmung sensationelle 439 von 468 möglichen Punkten. Fast alle Länder gaben der Ukraine zwölf Punkte – nie schnitt ein Land besser ab.

SO POLITISCH WAR DER ESC NOCH NIE

Politische Statements und Gesten sind nach den Regeln der Europäischen Rundfunkunion EBU nicht erlaubt. Viele Starter zeigten dennoch Solidaritätsbekundungen mit der von Russland angegriffenen Ukraine. Der Sänger des Kalush Orchestra, Oleh Psiuk, flehte um Hilfe für sein Land und die Menschen in Mariupol. Zu Beginn der Show sang zudem das ganze Publikum im Turiner PalaOlimpico die Friedenshymne „Give peace a chance“.

DAS FINALE 2023 SOLL IN DER UKRAINE SEIN

Der Sieger ist automatisch Gastgeber des nächsten Eurovision Song Contest. Trotz des Kriegs kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj umgehend an, das Finale nächstes Jahr austragen zu wollen. Der Supervisor des ESC, Martin Österdahl, kündigte an, mit dem ukrainischen Fernsehen die Vorbereitungen zu starten – Österdahl räumte aber „einzigartige Herausforderungen“ ein.

DEUTSCHLAND MAG NIEMAND, ODER?

Von der Jury null Punkte für Malik Harris, vom Publikum lediglich sechs Pünktchen: Für Deutschland reichte es nur zum letzten Platz. Mit Antipathie hat das aber nichts zu tun: Das Lied „Rockstars“ wirkte wie fürs Radio geschrieben, der Auftritt des 24-Jährigen war der Langweiligste des Finales.

EINE IRRITIERENDE GLEICHGÜLTIGKEIT

Irritierend wirkte allerdings, wie gleichgültig Harris nach der Pleite in der ARD reagierte. „Ich weiß, dass man nicht allzu viele Punkte geholt hat, aber es war trotzdem ein schöner Abend.“ Auch die Gäste von Barbara Schöneberger in der ARD-Show nach dem Finale zeigten sich unberührt von der Pleite, obwohl die ARD jedes Jahr viel Geld in den Wettbewerb steckt. Die Runde machte sich sogar lustig über den Auftritt der portugiesischen Starterin Maro. Das Problem: Maro landete mit ihrem einfühlsamen „Saudade Saudade“ auf Platz neun, Portugal weiß offenbar, was in Europa ankommt.

EINE LANGE DEUTSCHE FEHLERKETTE

Ausgerechnet der letzte deutsche Sieg im Jahr 2010 durch Lena Meyer-Landrut könnte ein Grund der dürren Folgejahre sein mit vielen Plätzen Deutschlands am Ende des Felds. Lena war durch den preisgekrönten Vorentscheid „Unser Star für Oslo“ gefunden worden. Das Vorentscheids-Konzept wurde aber nach nur einer Staffel fallen gelassen, um Lena im Jahr 2011 wieder antreten zu lassen. Statt danach wieder zu einem Modell wie „Unser Star für Oslo“ zurückzukehren, wechselte die ARD die Konzepte. Andere Länder suchen mit aufwändigen Formaten ihre Teilnehmer.

DIE ESKIMO CALLBOYS HÄTTEN ES BESSER GEMACHT

Nach Maliks Pleite dürften sich die Anhänger der Eskimo Callboys umso mehr ärgern: Ihr Lied „Pump it“ wäre eines der schrillsten des ESC-Finales gewesen. Die ARD-Verantwortlichen hatten die Gruppe aber gar nicht erst zum Vorentscheid zugelassen. Auch eine Petition mit vielen Unterstützern und wütende Fanproteste änderten nichts daran. Nun ist die Frage, ob die ARD aus ihren Fehlern für nächstes Jahr lernen wird.

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