Frühjahrsprognose IfW Kiel: Deutsche Konjunktur stabilisiert sich

Containerschiff
Containerschiff

Der Konjunkturkompass zeigt wieder nach oben, allerdings bleibt die Aufwärtsdynamik verhalten. Die zuletzt deutlich rückläufigen Gaspreise stimulieren die Konjunktur hierzulande zunächst nur wenig, sie entlasten vor allem den Staatshaushalt, der nun mit weniger Subventionen im Rahmen der sogenannten Energiepreisbremsen einspringen muss. Im Ergebnis ersetzen nun niedrigere Importpreise den Impuls staatlicher Energiesubventionen, was konjunkturell ähnlich wirkt“, kommentiert Stefan Kooths, Vizepräsident des IfW Kiel, die aktuelle Frühjahrsprognose für Deutschland.

Nach einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vierten Quartal 2022 zeichnet sich für den Jahresauftakt 2023 ein moderater Anstieg um gut 0,2 Prozent ab. Eine technische Rezession – also ein Rückgang der Wirtschaftsleistung für zwei oder mehr Quartale in Folge – wäre damit abgewendet.

Der Preisauftrieb bleibt zunächst hartnäckig, aber die Triebkräfte wechseln. Während sich die Energiepreisdynamik auf der Verbraucherstufe abschwächt, beschleunigt sich die Teuerung bei übrigen Gütern und betrug zuletzt über sieben Prozent. Insgesamt wird die Inflation im Jahr 2023 laut Schätzung 5,4 Prozent und im Jahr 2024 rund zwei Prozent betragen.

„Wichtig ist nun ein entschlossenes Gegensteuern der Geldpolitik“, so Kooths. „Nachlassende Lieferengpässe und weniger krankheitsbedingte Fehltage können etwas Druck aus dem Kessel nehmen, mehr aber auch nicht. Auch der Staat muss seine Ansprüche den gesamtwirtschaftlichen Möglichkeiten anpassen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat durch die Krisen gelitten, dementsprechend schneller fachen defizitfinanzierte Mehrausgaben die Inflation an.“

Erwartete Lohnerhöhungen stabilitätsgerecht

Die realen Lohnstückkosten sanken in den vergangenen beiden Jahren ungewöhnlich stark, weil die Löhne den heimischen Preisen deutlich hinterherhinken. „Das Verhältnis zwischen dem, was Arbeitskräfte kosten, und dem, was sie erwirtschaften, ist im langjährigen Vergleich außergewöhnlich günstig. Dies ist beschäftigungsfreundlich und wirkt den dämpfenden Effekten der Energiekrise entgegen. Die sich abzeichnenden Lohnerhöhungen von gut fünf Prozent in diesem und knapp sechs Prozent im kommenden Jahr dürften von der Kostenseite keine Zweitrundeneffekte auf die Inflation haben und sind daher stabilitätsgerecht“, so Kooths.

Auch aus diesem Grund bleibt der Arbeitsmarkt trotz der wirtschaftlichen Schwächephase robust. Die Beschäftigung war bis zuletzt aufwärtsgerichtet. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt seit Sommer ohne große Tempoveränderung und betrug zuletzt knapp 46 Millionen Personen. Damit dürfte sie ihren Zenit erreicht haben und ab nächstem Jahr aufgrund der demografischen Entwicklung rückläufig sein. Die Arbeitslosenquote sinkt von zuletzt 5,5 Prozent auf durchschnittlich 5,4 Prozent in diesem und 5,2 Prozent im nächsten Jahr.

Strukturell höhere Energiepreise belasten den Wirtschaftsstandort

Sprudelnde Einnahmen und weniger Ausgaben für Energiesubventionen nehmen Druck von den öffentlichen Haushalten. Deren Defizit in Relation zum nominalen BIP dürfte von 2,6 Prozent im Jahr 2022 auf 1,4 Prozent im Jahr 2024 abschmelzen. Der Schuldenstand wird in diesem Zeitraum dann wohl von 66,4 Prozent auf 63,5 Prozent zurückgehen.

Hohe Energiepreise und eine verhaltene Weltkonjunktur lasten auf den deutschen Exporten. Insbesondere die Erholung des Euroraums sowie der Schwellenländer wirken ab der Jahresmitte aber belebend. Zudem profitieren Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe von ihren hohen Auftragsbeständen, die sie nun angesichts nachlassender Lieferengpässe abarbeiten können. Insgesamt rechnet das IfW Kiel mit einem Zuwachs der Exporte von 0,5 Prozent in diesem und 3,5 Prozent im kommenden Jahr.

„Die insgesamt schwache wirtschaftliche Dynamik ist auch als ein deutlicher Verlust an dauerhafter Wirtschaftskraft zu lesen“, so Kooths. „Strukturell höhere Energiepreise machen energieintensive Produktion hierzulande zunehmend unrentabel und belasten den Standort auch insgesamt. Darüber hinaus steht es mit wichtigen anderen Standortfaktoren wie Fachkräftepotenzial, Infrastruktur, Abgabenlast und Regulierung nicht zum Besten. Das kostet nicht nur Wohlstand, sondern verschärft auch Verteilungskonflikte.“

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